: Bequemlichkeit nutzt nur der Motte
Kastanien Schlimmster Miniermottenbefall seit 15 Jahren. Berliner vernachlässigen die Baumpflege
Eigentlich hat der kalendarische Herbst gerade erst begonnen – aber einige Bäume haben schon lange die Blätter abgeworfen: weißblühende Rosskastanien, die von der Miniermotte befallen sind. In Berlin sprechen die Behörden vom schlimmsten Jahr seit 2003. Zum Beispiel im Schlosspark Charlottenburg, im Köllnischen Park in Mitte und entlang der Spree sind viele Bäume betroffen. Mehr als viermal höher ist die Zahl der Schmetterlinge im Vergleich zum Vorjahr, deren Larven sich durch die grünen Blätter fressen. Schuld ist auch der Mensch.
Rund 25.000 Miniermotten fing das Pflanzenschutzamt bis Anfang September in seinen über ganz Berlin verteilten Fallen. Im Vorjahr flatterten nur 6.000 ins Netz. Für Derk Ehlert von der Senatsumweltverwaltung gibt es zwei Gründe, warum 2017 ein Mottenjahr ist: das Wetter und die Bequemlichkeit der Berliner.
Der Winter war zu mild und der Sommer zu wechselhaft, so Ehlert: „Im Winter konnten die Motten im Boden überleben, und der Regen fiel im Sommer immer nur dann, als die letzte Generation schon im Blatt war.“ Das Problem bestehe bundesweit. „Es gibt keinen Schwerpunkt, ausgenommen können nur Bäume sein, die in sehr isolierten Bereichen oder auf Inseln stehen.“
Die Population der aus Südosteuropa eingeschleppten Motte ließe sich aber drastisch verringern, indem das abgefallene Laub eingesammelt werde, betont Ehlert. Darin wachse bereits die nächste Generation Miniermotten heran. Fleißig waren seines Erachtens vergangenes Jahr vor allem Cafés und Kleingartenbesitzer: „Man sieht genau, wo das Laub gesammelt wurde und wo nicht. Hier sind die Bäume kahl, dort haben sie noch ihre Blätter.“ Nach mehreren beinahe mottenfreien Jahren seit 2014 hätten viele Menschen aber die Motivation verloren, sie zu bekämpfen.
Die abgeharkten Kastanienblätter im eigenen Kompost zu entsorgen, ist im Übrigen auch keine gute Idee. Denn dort entwickelten sich keine Temperaturen um 60 Grad Celsius, die die Insekten töten, so Ehlert. Er rät dagegen, das Laub an städtische Kompostanlagen zu übergeben – und sich besser über den weit verbreiteten Schädling zu informieren: „Viele wissen gar nicht, dass Miniermotten im Baum in ihrem Hinterhof leben.“ Eine weitere Lösung: Meisenkästen aufhängen – die Vögel ernähren sich nämlich von der Motte.(dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen