Hannes Koch zu neuen Ideen für ein Grundeinkommen: Kapital zum Träumen
Zugegeben, diese Idee klingt utopisch. Ist sie auch. Ein „bedingungsloses Kapitaleinkommen“ schlägt das gewerkschaftsorientierte Institut für Makroökonomie (IMK) vor. Der Staat soll beispielsweise Aktien kaufen und die Gewinne, die normalerweise nur einer schmalen Bevölkerungsschicht zugutekommen, an alle Bürger umverteilen – als regelmäßiges Geschenk aus Berlin.
Bevor jetzt Jubel ausbricht: Es würde erst mal 40 oder 50 Jahre dauern, bis mit einem solchen Modell Geld fließt. Trotzdem ist der Vorschlag grundsätzlich gut. Denn Einkommen aus Kapital steigen oft stärker als Verdienste aus Arbeit. An diesem Widerspruch leidet auch die bundesdeutsche Gesellschaft. Norwegen macht vor, was geht. Gute 800 Milliarden Euro enthält mittlerweile der dortige Staatsfonds. Das Geld gehört allen NorwegerInnen gemeinsam.
Bisher dient der Fonds dem Ölland nur als Rückversicherung für schlechtere Zeiten, doch mit solchen Summen ist vieles möglich. Allein aus den Zinsen könnte jeder Bürger des skandinavischen Landes locker 500 Euro monatlich erhalten. Wenn ein Parlament und eine Regierung es wollen, lässt sich so ein starker Hebel gegen soziale Spannungen und für Zusammenhalt konstruieren.
Bisher lehnen die meisten hiesigen SozialdemokratInnen und GewerkschafterInnen Ideen ab, die irgendetwas mit Grundeinkommen zu tun haben. Dazu hängen sie zu sehr an der Kultur der bezahlten Arbeit. Wie der Vorschlag des IMK nun aber zeigt, öffnet sich die Diskussion zusehends. Kein Wunder: In Finnland veranstaltet die Regierung selbst ein zweijähriges Experiment mit einem Grundeinkommen. Und in Schleswig-Holstein hat die dortige Koalition aus Union, Grünen und FDP vereinbart, einen Versuch mit dem Modell wenigstens mal in Erwägung zu ziehen.
Sollte es zu einer Jamaika-Koalition in Berlin kommen, wäre das ein mögliches gemeinsames Vorhaben auch für die neue Bundesregierung.
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