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Die Ströbele-Nachfolgerin

Wahl Canan Bayram kündigte bei ihrer Nominierung an, auch mit Grünen zu streiten

BERLIN taz | Canan Bayram war als Politikerin nie everybody’s darling, und sie hat sich auch nie sonderlich darum bemüht. Die einen bewundern die 51-jährige Grünen-Politikerin für ihren Einsatz für Flüchtlinge, die anderen vergrätzt sie mit harten Sprüchen – wie im Juni beim Bundesparteitag, als sie ihrem Parteikollegen, dem Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, empfahl, er möge mal „die Fresse halten“.

Es ist ein Tag im März dieses Jahres in einer Tanzschule in Berlin-Kreuzberg, an dem Bayram eine Etage höherrückt. 57 Grüne wählen sie hier bei einem Kreisparteitag zur Nachfolgerin von Hans-Christian Ströbele als Bundestagskandidatin in Friedrichshain-Kreuzberg, dem einzigen Wahlkreis, der je an die Grünen ging. Plötzlich ist sie nicht mehr eine von 27 Grünen-Abgeordneten im Landesparlament, sondern „die neue Ströbele“, eine zentrale Figur für den linken Parteiflügel bundesweit.

Dem Berliner Abgeordnetenhaus gehört Bayram seit 2006 an, zunächst für die SPD. Im Jahr 2009 wechselt sie zu den Grünen, wo sie sich weiter um Integrationspolitik kümmert. Geboren wurde sie 1966 in Malatya in der Türkei, aufgewachsen ist sie am Niederrhein. Nach einer kaufmännischen Lehre holte sie das Abitur nach und studierte Jura und Politik in Bonn.

Nach Berlin zog sie 2003. Ganz bewusst sei sie in den Ostteil der Stadt gezogen, weil sie es da „besonders spannend“ gefunden habe, bekennt sie. Ihre Anwaltskanzlei spezialisiert sich unter anderem auf Familien- und Ausländerrecht.

Ihre politischen Gegner sieht sie nicht nur in den anderen Parteien: „Ich will auch mit den anderen Grünen im Bundestag streiten“, kündigte sie vor ihrer Nominierung an. Dabei will sie Stimme ihres vom linken Parteiflügel dominierten Wahlkreises sein: In Friedrichshain-Kreuzberg stellen die Grünen die Bezirksbürgermeisterin und fast alle direkt gewählten Parlamentarier. Die Streiten-wollen-Ankündigung in Richtung der Özdemirs und Göring-Eckardts ihrer Partei kann man auch als Reminiszenz an ihren Vorgänger verstehen. Auf seinem bekanntesten Wahlplakat war der Spruch zu lesen: „Ströbele wählen heißt Fischer quälen.“

Stefan Alberti

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