: Das Opfer: eine junge Anwaltsgehilfin
Folgen Heather Heyer lebte in Charlottesville. Sie war keine öffentliche Person, wollte sich aber nicht abfinden mit Hass und Diskriminierung
Heather Heyer hatte am Samstag in Charlottesville gegen Rassismus, Hass und den Ku Klux Klan demonstriert, als ein US-amerikanischer Neonazi in ihre Gruppe hineinfuhr und sie tötete.
Ihre Eltern und Freunde sagen, dass sie „leidenschaftlich für Gerechtigkeit und gegen Rassismus“ eintrat. Arbeitskollegen in dem Anwaltsbüro in Charlottesville, wo sie ihre letzten vier Jahre lang in der Insolvenzabteilung arbeitete, beobachteten, wie sie am Computer über das Elend anderer weinen konnte. Ehemalige KlassenkameradInnen erinnern sich, dass sie im Schulbus jene verteidigte, die gehänselt wurden. Und ihre Facebook-Freunde wussten, dass sie im Wahlkampf den demokratischen Sozialisten Bernie Sanders unterstützt hatte.
Sie zögerte lange – aber demonstrierte dann doch
Aber eine öffentliche Person war Heather Heyer zu Lebzeiten nicht. Sie war nicht einmal eine routinierte Demonstrantin. Als die Neonazis ihren Aufmarsch ankündigten, wusste Heather Heyer zwar sofort, dass das falsch war. Aber sie zögerte lange, bevor sie sich zur Teilnahme an der Gegendemonstration entschloss, berichten Freunde. „Ich möchte nicht sterben“, sagte sie einer Kollegin, „diese Leute meinen es so ernst.“
Die Kollegin wurde am Samstag Augenzeugin von Heather Heyers gewaltsamem Tod.
Heather Heyer stammte aus einem kleinen Landkreis in Virginia und lebte in Charlottesville. Nach der Schule hatte sie ein paar Jahre als Bardame und Kellnerin gearbeitet. Dann fand sie den Job in dem Anwaltsbüro. Gerade im Umgang mit Menschen in finanziellen Notlagen zeigte sie dort Stärke und Einfühlungsvermögen, berichten Kollegen. Ihre Botschaft lautete: „Ihr schafft das.“
Posthum geifert das Neonazi-Hetzblatt „Daily Stormer“, Heather Heyer sei eine „kinderlose fette Schlampe“ gewesen, die es wegen ihres Gewichts nicht geschafft habe, dem Todesfahrer zu entkommen. Tatsächlich hatte sie am Samstag nicht die geringste Chance. Ihre Freundin Marissa Blair, die bei ihr war, beschreibt die Szene: „Wir gehen zusammen über die Straße. Im nächsten Moment fliegen menschliche Körper durch die Luft.“
Am Tag danach versucht die trauernde Mutter, die 60-jährige Susan Bro, einen Sinn in der Gewalttat zu finden. Sie wünsche sich, dass Heathers Tod zu einem „Weckruf für Gerechtigkeit, Gleichheit, Fairness und Mitgefühl wird“. Aus Respekt vor den Prinzipien ihrer Tochter lehne sie es auch ab, den Mann, der sie getötet hat, zu hassen.
Heather Heyers Freundin Marissa Blair, deren Verlobter bei dem Angriff einen Knochenbruch erlitt, wolle sich ein Beispiel an der Toten nehmen: „Heather würde jetzt erst recht Liebe und Gleichheit predigen“, sagt sie: „Das werden wir auch tun.“ Dorothea Hahn
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen