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Chinas halbherziger Druck

Freund Peking ist zu Sanktionen gegen Nordkorea bereit. Was Pjöngjang wirklich wehtäte: ein Ölembargo. Davon sieht die chinesische Führung ab

PEKING taz | Die chinesische Führung erhöht den Druck auf ihren Verbündeten Nordkorea. Erst stimmte China nach wochenlangen Verhandlungen mit den USA im UN-Sicherheitsrat den bisher schärfsten Sanktionen gegen Nordkorea zu. Auf die Drohung des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Un vom Dienstag, die Region um die Pazifikinsel Guam anzugreifen, kündigte Chinas Außenminister Wang Yi nun an, die Sanktionen auch umzusetzen.

Es wäre ein Novum in der chinesischen Koreapolitik. Peking hatte zuvor schon häufig schärferen Maßnahmen gegen Pjöngjang zugestimmt, an die sich chinesische Händler und Zollbeamte an der Grenze zu Nordkorea dann aber nicht hielten. Rund 90 Prozent des gesamten Außenhandels bestreitet Nordkorea nach wie vor mit China. Wenn Peking tatsächlich Ernst macht, würden in Nordkorea bald Kohle, Eisenerz, Blei und Meeresfrüchte fehlen. Die neuen Sanktionen verbieten zudem Joint Ventures und die Einstellung von Billigarbeitern aus dem Nachbarland. Und doch dürften auch diese Maßnahmen den nordkoreanischen Diktator Kim Yong Un nicht davon abhalten, sein Atomwaffenprogramm fortzuführen.

Vermeintlicher Kurswechsel

Zum einen treffen die Sanktionen die Bevölkerung. Die jedoch wird kaum imstande sein, gegen das totalitäre Regime aufzubegehren. Die Sanktionen werden allenfalls Kims Dollarreserven schrumpfen lassen. Zum anderen ist Pekings vermeintlicher Kurswechsel in Wirklichkeit – keiner. Wirklich wehgetan hätten dem nordkoreanischen Regime der Einfuhrstopp für Öl. Denn ohne Treibstoff kann Kim weder Flugzeuge noch Panzer einsetzen. Doch das lehnt China weiterhin ab. Peking argumentiert mit humanitären Erwägungen, was aber nur für einen Nahrungsmittelstopp zutreffen würde. In Wahrheit will Peking keinen Kollaps des Kim-Regimes provozieren, mit allen damit verbundenen Unwägbarkeiten eines womöglich US-freundlichen Regimewechsels.

Peking betreibt ein gefährliches Doppelspiel. China will einerseits Nordkorea als Pufferstaat erhalten, um die USA auf Abstand zu halten. Andererseits missfällt der chinesischen Führung die atomare Bewaffnung des unberechenbaren Nachbarn. Das zusammen führt zu einer wenig geradlinigen Außenpolitik. Peking bezieht nur dann Stellung gegen Nordkorea, wenn Pjöngjang mal wieder eine Rakete gezündet hat. Ansonsten hält sich China mit Kritik an seinem Verbündeten zurück – und gibt lieber den USA die Schuld an weiteren Eskala­tio­nen. Glaubwürdig macht sich China auf diese Weise auf keiner Seite. Felix Lee

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