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Texas säuft ab

Wirbelsturm „Harvey“ sorgt für Rekord-Hochwasser, Evakuierungen und Todesopfer – doch der Zusammenhang mit dem Klimawandel ist im Ölstaat kein Thema

Aus New York Dorothea Hahn

„Eine nie dagewesene Katastrophe“, sagen die Verantwortlichen in Texas und in Washington, nachdem es schon bis Montagmorgen mehr als 76 Zentimeter Wasser über Houston geregnet hat. Bis Mittwoch könnten es mehr als 127 Zentimeter werden. Die Stadt steht bis zum Hals unter Wasser. 30.000 Menschen sind bereits evakuiert. Und schon am Sonntagmorgen brach die Notruf-Telefonzentrale wegen der schieren Menge von Hilferufen zusammen.

Die Behörden forderten die Bewohner auf, „sichere Plätze“ zu suchen und die Straßen zu meiden. Doch ein Stichwort fällt angesichts der Katastrophe inmitten der größten Ölraffinerie- und Petrochemieanlagen der USA kaum: Klimawandel. Dabei sehen Forscher einen Zusammenhang zwischen Meereserwärmung und zunehmendem Starkregen.

„Harvey“ war als gigantischer Sturm der Kategorie 4 angekündigt worden. Doch tatsächlich war „Harvey“ lediglich der Anfang. Schlimmer als der Sturm ist der Regen, der weiterhin auf die Stadt herunterschüttet. Die noch nie dagewesene Wassermenge hat sämtliche Notfallpläne überfordert. Am Montag wollten die Behörden die Schleusen der Wasserreservoirs Addicks und Barker öffnen, die Houston eigentlich vor Überschwemmungen schützen sollen. Doch auch sie können die Wassermassen nicht mehr halten. Stündlich registrierten die Behörden dort zusätzliche 15 Zentimeter Regen. Die Gebiete rund um die Reservoirs sind dicht besiedelt und standen schon vor der Schleusenöffnung unter Wasser. Die Behörden ordneten dort und anderswo Zwangsevakuierungen an.

Es geht so viel Regen nieder, dass er ­nirgends mehr ­abfließen kann

In Houston, der viertgrößten Stadt der USA, wo der Unterricht nach der Sommerpause eigentlich am Montag beginnen sollte, bleiben die Schulen jetzt bis mindestens zum 5. September geschlossen. Die Stadt verwandelte ihr Kongresszentrum in ein Notaufnahmelager. Auch das knapp 400 Kilometer weiter nördlich gelegene Dallas öffnete sein Kongresszentrum für Katastrophenopfer.

Am Montag waren viele Straßen in Houston nur mit Booten befahrbar, auf Hausdächern warteten Bewohner auf Rettung. In einem Altersheim saßen die Menschen bis zur Schulter im Wasser, als die Einsatzkräfte kamen, um sie zu retten. Völlig unklar ist das Schicksal der zahlreichen Obdachlosen in der Stadt. Bis Redaktionsschluss waren zwei Tote bestätigt.

Die Katastrophenschutzbehörde Fema hat Freiwillige zur Mithilfe aufgerufen. Und andere Bundesstaaten der USA haben Tausende Helfer nach Houston geschickt. Präsident Donald Trump, der bei Beginn der Katastrophe in Texas noch gegen die Demokratische Partei tweetete, kündigte am Montag an, dass er nach Texas fliegen werde, sobald das möglich sei. Das Weiße Haus leugnet zwar den menschlichen Einfluss auf den Klimawandel, doch auch Trumps Berater wissen, wie sehr die verspätete Reaktion von George W. Bush auf den Sturm „Katrina“, der 2005 New Orleans verwüstet hat, dessen politische Glaubwürdigkeit zerstört hat.

In Houston wussten die Behörden am Montag nicht einmal, wo die Situation am härtesten ist. Polizeichef Art Acevedo warnte davor, die Katastrophe auszunutzen. Mehrere Personen sind bereits bei Plünderungen festgenommen worden.

Houston liegt auf Meereshöhe inmitten eines Flachlands, in dem fast alle großen Öl- und Chemiekonzerne der Welt Industrieanlagen gebaut haben. Bei ihnen läuft die Mehrheit der Pipelines aus den Ölförder- und Fracking-Gebieten der USA zusammen. Vor „Harveys“ Ankunft haben die Ölkonzerne ihre Arbeiter von den Förderplattformen im Golf evakuiert und ihre Lagervorräte an Öl in Houston abgefackelt. Rund um die Industrieanlagen und längs der Wasserwege quer durch Houston liegen die dicht besiedelten ärmsten Wohngebiete der Stadt.

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