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Dessau wird der Fall entzogen

Fall Oury Jalloh Jahrelange Ermittlungen, aber noch immer ist unklar, wie der Mann aus Sierra Leone im Gewahrsam starb. Jetzt reicht’s der Generalstaatsanwaltschaft

von Christian Jakob

BERLIN taz | Zwölf Jahre hat die Staatsanwaltschaft Dessau im Fall des verbrannten Asylbewerbers Oury Jalloh ermittelt – ohne Erfolg. Jetzt hat sie die Zuständigkeit verloren. Wie am Mittwoch bekannt wurde, entzog ihr die übergeordnete Behörde, die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg, den Fall bereits im Juni.

In einer schriftlichen Stellungnahme heißt es, Grund für den Schritt sei nicht zuletzt die dienstliche Belastung der Staatsanwaltschaft Dessau durch andere Mordermittlungen sowie die Pensionierung von Mitarbeitern. Der taz sagte der Naumburger Oberstaatsanwalt Klaus Tewes am Donnerstag allerdings, es sei „ganz ratsam“, eine „neutrale Stelle“ zu beauftragen, die sich den Fall „aus einer gewissen Entfernung anschaut“. Kritik an der Arbeit der Ermittler in Dessau wies Tewes zurück.

Der Sierra Leoner Jalloh starb 2005, an Händen und Füßen gefesselt, im Dessauer Polizeirevier. Die Justiz ging lange davon aus, er habe sich selbst angezündet. Nach zwei jahrelangen Verfahren wurde 2012 ein Polizist verurteilt, weil er Jalloh nicht rechtzeitig zu Hilfe kam. Die Familie des Toten war dabei die Nebenklägerin. Sie wird in Deutschland von der Aktivistengruppe Gedenken an Oury Jalloh vertreten. Schon kurz nach dem Tod Jallohs hatten die Aktivisten den Verdacht geäußert, Jalloh sei angezündet worden. Die Staatsanwaltschaft Dessau wies die Mordthese jedoch zurück. Die Initiative warf den Ermittlern deshalb vor, die Polizei zu decken, und forderte, ihnen das Verfahren zu entziehen.

2015 dann präsentierte die Initiative ein privat finanziertes Brandgutachten eines britischen Sachverständigen. Der kam zu dem Schluss, dass der Zustand von Jallohs Leiche nicht durch Selbstanzünden zu erklären sei. Auch während der beiden Prozesse hatten viele Indizien der These, Jalloh habe sich selbst angezündet, widersprochen.

Jalloh starb 2005 an Händen und Füßen gefesselt im Dessauer Polizeirevier.

Die Staatsanwaltschaft Dessau nahm daraufhin doch Ermittlungen gegen unbekannt auf – zog die Möglichkeit einer Tötung Jallohs also in Betracht.

Im August 2016 ließ sie in einem Institut im sächsischen Dippoldiswalde Jallohs Tod mit einem Brandversuch nachstellen. Sechs Sachverständige werten seither diesen Versuch aus. Die Initiative drängte erfolglos auf eine Veröffentlichung derErgebnisse. Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg erklärte am Donnerstag, die nun vorliegenden Bewertungen der Gutachter seien „uneinheitlich“. Die Staatsanwaltschaft Halle werde sie nun prüfen, so lange gelte „das Ermittlungsgeheimnis“.

Tom Ndinda von der Initiative Oury Jalloh, sagte, es sei „zunächst mal sehr intransparent“, dass selbst die Familie des Toten als Nebenklägerin erst zwei Monate später aus einer Pressemitteilung erfahre, dass nun die Staatsanwaltschaft Halle das Verfahren führe. „Unabhängig ist die aber auch nicht“, sagte Ndinda. Das habe sie bereits in anderen Verfahren mit be­schuldigten Polizisten bewiesen.

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