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Kein Spaß in der neuen Heimat

American Football Nach 22 Jahren gibt es wieder NFL in Los Angeles, und dann direkt zwei Vereine. Aber das Publikum erwärmt sich noch nicht so recht für die beiden zugezogenen Clubs

Kriegen ihr Stadion nicht voll: die Chargers, hier in Carson Foto: ap

NEW YORK taz | Matt Slauson versuchte, sich die Dinge schönzureden nach dem ersten Spiel seiner Chargers vor ihrem neuen Heimpublikum in Los Angeles. Es habe „eine großartige Energie gegeben“, meinte der Verteidiger, und er habe einen „Haufen Spaß gehabt“. So richtig glauben mochte man ihm das allerdings nicht.

Gewiss hatten die Chargers sich ihren Umzug von San Die­go nach L. A. anders vorgestellt. 6.000 Plätze blieben leer im StubHub Center, dem Stadion der Fußball-Spieler von den LA Galaxy. Viel besser erging es allerdings auch den Rams nicht, dem zweiten Football Team, das zur kommenden Saison in den vermeintlich größten Sport- und Medienmarkt des Landes, L. A., umgezogen ist. Bei ihrem ersten Vorsaisonspiel im Coliseum blieben ebenfalls etwa 20.000 der 62.000 Sitze leer.

Ein begeisterter Empfang sieht anders aus. Das Publikum von Los Angeles braucht noch etwas Zeit, um sich für den Profi-Football zu erwärmen, der seit 22 Jahren nicht mehr in der südkalifornischen Mega-Metropole stattgefunden hat. Da ist es nur gut, dass sich die beiden Teams, die in der Hoffnung auf Umsatzsteigerung nach Los Angeles umgesiedelt sind, noch zwei Jahre geschenkt haben, um die Fans für sich zu erwärmen. Die Eröffnung des bis zu drei Milliarden Dollar teuren neuen Mega-Stadions am Hollywood Park, das die beiden Mannschaften sich in Zukunft teilen wollen, hat sich bis zum Saisonstart 2020 verschoben.

Dann aber soll es der Welt den Atem verschlagen, so will es jedenfalls sein Erfinder und Bauherr, Rams Besitzer Stan Kroen­ke. Bis zu 100.000 Menschen sollen darin Platz finden, und rundherum entsteht ein riesiger Entertainment- und Wohnkomplex.

Der Sportpark ist das Denkmal, das sich Kroenke, dem unter anderem auch Arsenal London, die Denver Nuggets und die Colorado Rapids gehören, schon lange setzen wollte. Das Baugelände am Hollywood Park hat der Immobilienmogul seit Jahren im Blick, ebenso wie den Wiedereinzug der NFL in Los Angeles. Spätestens seit 2014 war es Kroenke ernst damit, seiner provinziellen Heimat in Missouri zu entfliehen und in die große Stadt zu kommen. Gleichzeitig meldeten jedoch auch die Oak­land Raiders und die San Diego Chargers ihr Interesse an, endlich mit einem Umzug nach Los Angeles Ernst zu machen.

Der Plan der Raiders und der Chargers sah vor, gemeinsam in Carson, etwa 20 Kilometer südlich von Los Angeles, ein Freiluftstadion zu bauen. Ein Plan, der Kroenkes Fantasien von seinem Megaplex im Hollywood Park zunichtegemacht hätte. So kam es zu einem zweijährigen Machtkampf unter den NFL-Eignern, bei dem Kroenke schließlich dank seiner schieren Ruchlosigkeit siegte. Im Ergebnis stiegen die Raiders aus und nahmen das Angebot von Las Vegas an, sich dort niederzulassen. Die Chargers erklärten sich schließlich bereit, in Kroenkes Projekt mit einzusteigen und das Stadion in Hollywood zu teilen. Bei alldem blieb freilich die Konzentration auf das Sportliche ein wenig auf der Strecke. Die Chargers wurden in der vergangenen Saison letzte in ihrer Konferenz, die Rams vorletzte. Um das Publikum von Los Angeles ins Stadion zu locken, reicht das bislang nicht aus. Doch nun haben die beiden Teams ja noch zwei Jahre Zeit, um auch in dieser Hinsicht aufzurüsten.

Sebastian Moll

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