Kunstmusikliteraturfilm Am Freitag eröffnete das einwöchige „Funun“-Festival, das syrische Exil-Künstler*innen zusammenbringen will
: Syrische Kultur im Exil

Auch der aus Damaskus stammende Jazzmusiker Maias Alyamani tritt auf dem Festival auf Foto: Veranstalter

von Eiken Bruhn

Noch lehnen die Fotos an der Wand, einige müssen noch gerahmt werden. Erst am Montag ist die Vernissage der Ausstellung „Momente der syrischen Menschlichkeit“ im Institut Français. Sie ist Teil des am Freitag eröffneten „Funun“-Festivals, das zum zweiten Mal stattfindet, organisiert vom Syrischen Exil-Kulturverein, der in Bremen zu Hause ist. Bis kommenden Freitag finden an verschiedenen Orten Konzerte, Lesungen und Filmaufführungen statt. Neben der Foto-Ausstellung gibt es eine Ausstellung syrischer Künstler im Rathaus.

Die im Institut Français ausgestellten Bilder zeigen Szenen aus Syrien und aus Flüchtlingslagern. Sie dokumentieren nicht den Krieg, sondern den Alltag der Menschen. Viele Kinder sind auf ihnen zu sehen, Gesichter in Großaufnahme, Spielszenen im Staub. Die Fotograf*innen sind überwiegend keine Profis, sondern „normale Menschen“ mit oder ohne Schulabschluss, erzählt der Kurator der Ausstellung, Hanna Ward. „Aber im Krieg sind sie zu Fotografen geworden.“ Über Facebook ist er auf sie aufmerksam geworden, hat sie gebeten, mehr Bilder zu schicken.

Einige Fotos zeigen Szenen aus Atma, einem Flüchtlingslager an der türkischen Grenze, in dem offiziell 15.000 Menschen leben sollen, nach Angaben von Nichtregierungsorganisationen aber drei- bis viermal so viele. Hanna Ward erzählt von der Fotografin Wiam Baderkhan, einer syrischen Lyrikerin, die in Flüchtlingslagern Kunstkurse anbietet. Ward lebt seit drei Jahren in Schleswig und hat in Syrien als Kameramann gearbeitet, unter anderem bei dem Spielfilm „A Land of a Stranger“ von 1998 über den syrischen Intellektuellen Abdel Rahman Kawakibi, der 1902 starb. Am Montag wird der Film im Institut Français gezeigt. Ward macht eine Einführung gemeinsam mit Salam Kawakibi, dem Urenkel des Aufklärers, der in Paris lebt und zu arabischen Reformbewegungen forscht.

Dabei soll im Vordergrund des Festivals die Kultur stehen, sagt Jasmina Heritani, die Vorsitzende des Exil-Kulturvereins und Initiatorin des Festivals, die auch die Fotos mit ausgewählt hat. „Wir machen Kulturarbeit und wollen syrischen Kulturschaffenden im Exil die Möglichkeit bieten, sich auszutauschen und sich weiterzuentwickeln“, sagt die 35-Jährige. „Wenn sich politische Diskussionen ergeben, werden wir die nicht verhindern, aber wir versuchen, das im Hintergrund zu lassen, um als syrische Community zusammenwachsen zu können.“

Die Sprach- und Kulturwissenschaftlerin ist selbst als Tochter einer Deutschen und eines Syrers in Deutschland aufgewachsen, ihr erstes Schuljahr verbrachte sie in Aleppo und lernte dort Arabisch. Syrien bezeichnet sie als ihre zweite Heimat, bis 2011 machte sie dort jeden Sommer mindestens sechs Wochen Urlaub. Auch ihren Mann lernte sie während eines Auslandssemesters in Syrien kennen.

„Ich würde alles für ein Open-Air-Konzert in Aleppo geben“

Jasmina Heritani

„Ich würde alles dafür geben, wenn ich ein Open-Air-Konzert auf der Zitadelle in Aleppo erleben könnte“, sagt Heritani. Solange sie dies nicht kann, bringt sie eben in Deutschland Kulturschaffende zusammen. Für eine Lesung gewinnen konnte sie den seit 1985 in Paris lebenden Dichter Adonis, einen der bekanntesten arabischen Lyriker, der wegen seiner politischen Äußerungen in Deutschland umstritten ist.

Schwierig sei es nicht gewesen, Künstler*innen für das in Deutschland einmalige Festival zu finden, sagt Heritani. Absagen habe es nur aufgrund von Terminproblemen gegeben, dafür hätten sie manchen Interessent*innen absagen müssen, weil das Programm sonst zu voll geworden wäre.

Zudem hätten sie hohe Ansprüche, sie ließen nicht jeden auftreten, nur weil er oder sie aus Syrien sei. Und nicht alle Künstler*innen haben syrische Wurzeln, die „Zollhaus Boys“ etwa singen auf Deutsch, Arabisch und Kurdisch, auch im Ensemble des Jazzmusikers Maias Alyamani, der am Sonntag in der Glocke auftritt, spielen Musiker nicht-syrischer Herkunft.

„Funun“-Festival: bis 18. 8., Programm unter seku-deutschland.de. Der Erlös aus dem Verkauf der gezeigten Fotografien geht an die Fotografen und ihre sozialen Projekte