Portrait: Theologe tritt aus CDU aus
Er gilt als der geschickteste und prominenteste Moderator und Streitschlichter in Sachsen. Doch mit seiner eigenen Partei kommt der Meister der Dialoge offenbar nicht mehr zurecht: Frank Richter ist aus der CDU ausgetreten.
Einmal mehr der lange Arm der Quasi-Staatspartei, wurde 2009 gemunkelt, als er zum Direktor der Sächsischen Landeszentrale für Politische Bildung berufen wurde. Ein Irrtum. Die Grundeinstellung des heute 57-jährigen Theologen zur Macht war immer eine prüfend-kritische. Und von seinem CDU-Eintritt Anfang der 1990er Jahre erfahren viele erst jetzt bei seinem Austritt.
Auslöser war die auf Betreiben der CDU verhinderte Diskussion über die kritische und analytische Anthologie „Unter Sachsen“ beim Lesefest Meißen im Juni. Dahinter stehen aber tiefere Beweggründe. Richter nennt deutsche Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien, die sächsische Bildungspolitik, vor allem aber die mangelnde Diskussionskultur in der sächsischen Union, die eine offene und fruchtbare Kontroverse nicht kenne.
Genau dafür aber stand die Person Frank Richter nicht erst, seit er Verantwortung für die politische Bildung in Sachsen trug. In einer brisanten Situation im Oktober 1989 sorgte der junge Hofkirchen-Kaplan mit der Bildung einer Verhandlungsgruppe für den ersten Dialog von Demonstranten mit der SED. Viele Jahre später schlichtete er den Streit um den Umgang mit Nazimärschen, die das Zerstörungsgedenken Dresdens am 13. Februar missbrauchten.
Dazwischen lagen sein Rückzug aus dem Priesteramt und vorübergehende pädagogische Tätigkeit. Der intelligente Denker passt schwerlich in Institutionen und fand als Moderator zu seinem eigentlichen Element. Er begab sich dabei allerdings auch auf Glatteis, als er Pegida manchmal zu einseitig eine Plattform bot. Den ehemaligen Pfarrer treibt dabei vor allem ein pastorales Charisma um. Niemanden aufgeben, möglichst jeden erreichen. Seit Richter nicht mehr im Kreuzfeuer auf dem Direktorenposten der Landeszentrale steht, kann er der Vermittlungstätigkeit bei der Stiftung Frauenkirche besser folgen. Seine ehemalige CDU ausgenommen. Michael Bartsch
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