piwik no script img

Irren ist staatlich

PROTEST-KULTUR

Klaus von Dohnanyi kritisiert das Demonstrationsrecht und macht einen bedenklichen Reformvorschlag. Der ehemalige Erste Bürgermeister Hamburgs und studierte Jurist sagte in einem Interview mit Der Welt, dass Innensenator oder Polizei das Recht bekommen müssen, „gefährliche Demonstrationen zu verbieten“.

Der 89-jährige SPD-Politiker erläuterte, dass es einer Demokratie nicht bekomme, „wenn einige nicht gewählte Richter Entscheidungen gegen die Politik erzwingen“. Stattdessen sollen „letzte Entscheidungen dort getroffen werden, wo die Verantwortung übernommen wird: nämlich beim Parlament, beim Innensenator, in anderen Ländern beim Innenminister“. Er bemängelte, dass Richter keine Verantwortung für die reale Lage trügen und gelegentlich Demonstrationen erlaubten, vor denen Polizei und Innensenator warnten. Von Dohnanyi schlug vor, dass sich die verantwortlichen Politiker hinterher vor Gericht rechtfertigen sollen, wenn sie eine Fehlentscheidung getroffen haben. Strafrechtliche Konsequenzen seien Berufsrisiko eines Politikers.

Auf die widersprüchliche Aussage, dass Richter nicht vorher über Proteste entscheiden sollen, aber hinterher beurteilen dürfen, ob mögliche Genehmigungen oder Verbote legal waren, wurde er nicht angesprochen. Die Welt fragte auch nicht, ob er es aus verfassungsrechtlicher Sicht bedenklich findet, wenn Politiker über Proteste entscheiden dürfen, die sich gegen sie selbst richten. Eine Definition, was eine „gefährliche Demonstration“ sei und woran man diese vorher erkennen könne, gab von Dohnanyi nicht. Olaf Scholz sprach er von der Verantwortung für die Gewalt während des G20-Gipfels frei. „Er hat sich eben geirrt. Das ist menschlich. Darf sich ein Politiker nicht mehr irren?“, relativierte von Dohnanyi die Fehler des Ersten Bürgermeisters bei der Gipfelplanung.

Er nutzte das Interview, um Stimmung gegen die Partei Die Linke zu machen. Von Dohnanyi warnte Martin Schulz vor einer rot-rot-grünen Koalition. Solange die nicht kategorisch ausgeschlossen werde, würde er nicht für Schulz stimmen. PHIS

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen