: Minister muss aussagen
Untersuchungs-Ausschuss
Es wurde so viel manipuliert und gepfuscht in Niedersachsen, da kann man leicht den Überblick verlieren: Öffentliche Aufträge, die Lieblingskandidaten des Wirtschaftsministeriums zugeschustert wurden, heimliche Absprachen, eine gefeuerte Staatssekretärin und zuletzt eine Pressekonferenz des Chefs der Staatskanzlei, in der er zugab, dass es auch in seiner Behörde eine schlampige Aktenführung und Fehler bei den Vergabeverfahren gegeben hat. All das soll nun ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss (PUA) aufklären. Am Dienstag sind der Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) und die Regierungssprecherin Anke Pörksen (SPD) als erste Zeugen geladen.
Der Papierstapel, den die Mitglieder des PUA vorher lesen müssen, ist groß. 135 Akten haben Wirtschaftsministerium und Staatskanzlei zu den Vergabeverfahren, etwa für einen Auftrag für die Umgestaltung einer Webseite, weitergegeben. Tausende Mails der mit den Aufgaben betrauten Mitarbeiter, insbesondere des mittlerweile strafversetzten Pressesprechers von Minister Lies, fehlen aber noch. Die Behörde muss sie erst einmal sichten. „Das bindet sehr viel Zeit“, sagt Ministeriumssprecherin Sabine Schlemmer-Kaune. „Da haben sich über die Jahre einige Mails angesammelt.“
Weil auch die Staatsanwaltschaft wegen der fehlerhaften Vergabeverfahren ermittelt, ist der Inhalt der Akten heikel. Das Wirtschaftsministerium und die Obleute des PUA haben dennoch entschieden, dass die Dokumente nicht mehr insgesamt als vertraulich eingestuft werden. Teile der Akten, sofern sie etwa Unternehmensinterna oder schutzbedürftige Interessen Dritter betreffen, können jedoch geschwärzt werden. „Unser Interesse ist es aber, dass alles öffentlich ist“, sagt Schlemmer-Kaune.
Ex-Innenminister Uwe Schünemann (CDU), der viel für seine harte Abschiebepolitik kritisiert wurde, feiert als PUA-Obmann sein politisches Comeback. Es sei unglaubwürdig, dass Lies nichts von unerlaubten Hintergrundabsprachen gewusst habe, obwohl diese von seinem Ex-Pressesprecher und seiner Ex-Staatssekretärin Daniela Behrens (SPD) getroffen worden seien, sagt Schünemann. „Wir haben sehr viele Fragen“, kündigte er an. rea
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