: „Gar nicht erst ins Land lassen“
Daten Gerade bei Großveranstaltungen sei ein EU-weiter Austausch über Extremisten nötig, sagt SPD-Politikerin Eva Högl
Eva Högl (48) ist stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion und zuständig für Recht- und Innenpolitik. Von Beruf ist sie Juristin.
taz: Frau Högl, Sie haben als Konsequenz aus den Hamburger Ausschreitungen den Aufbau einer EU-weiten Extremistendatei gefordert. Warum?
Eva Högl: Weil offensichtlich viele der Randalierer aus dem europäischen Ausland kamen. Da bringt es ja nichts, nur auf die Hamburger Polizei zu schauen, da muss man weiter denken.
Was soll eine solche Datei denn bringen?
Bei Großereignissen wie dem G20-Gipfel gibt es stets für einige Tage Grenzkontrollen. Wenn es eine Datei der reisenden Gewalttäter gäbe, könnte die Bundespolizei dafür sorgen, dass solche Leute erst gar nicht ins Land kommen.
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hat gesagt, dass eine EU-Datei nicht erforderlich sei. Die deutsche Polizei erhalte vor solchen Ereignissen direkt von anderen EU-Staaten Informationen …
Solange es keine EU-weite Extremistendatei gibt, ist das natürlich ein vernünftiger Weg. Besser aber wäre eine gemeinsame EU-Datei. Das fordern die SPD-Innenpolitiker schon lange. Und auch viele CDU/CSU-Innenpolitiker haben das jetzt unterstützt.
Die anderen EU-Staaten sind zögerlich. Was bringt eine EU-Datei, wenn sie von den Partnern nicht befüllt und nicht aktuell gehalten wird?
Dann muss Deutschland eben mehr Druck machen, damit das funktioniert. Es wäre ja auch ein Fortschritt, wenn es einheitliche Kriterien und einheitliche Definitionen von reisenden Gewalttätern gäbe.
Wer gehört nach Ihrer Meinung in eine solche Datei?
Das müssen Leute sein, die schon einmal strafrechtlich verurteilt wurden. Prognosen über künftige Straftaten würden mir nicht genügen.
Wer einmal in Griechenland einen Polizisten beleidigt hat, darf in Deutschland nicht mehr gegen G20 demonstrieren?
Nein, natürlich nicht. Das müssen schon Verurteilungen wegen politischer Gewalt oder Vergleichbares sein. Ich bin nicht für leichtfertige Eingriffe in die Demonstrationsfreiheit, die ich für ein zentrales demokratisches Grundrecht halte. Auch die europäische Reisefreiheit ist ein wichtiger Wert.
In einem Interview haben Sie eine Befugnis gefordert, dass deutsche Behörden „Meldeauflagen im Ausland verhängen“ können. Soll die deutsche Polizei einen griechischen Anarchisten künftig verpflichten können, sich während eines deutschen Großereignisses täglich bei der Polizei in Athen zu melden?
Das habe ich nicht gemeint, das würden die anderen EU-Staaten wohl auch kaum mitmachen. Aber es muss doch einen europäischen Rahmen geben, zu verhindern, dass plötzlich alle linksextremistischen Gewalttäter gleichzeitig in einer Stadt auftauchen.
Interview Christian Rath
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen