: Viel Lob, wenig Aufklärung
Innenausschuss In Hamburg hat die parlamentarische Aufklärung der G20-Ereignisse begonnen. Allerdings mit wenig Erkenntnissen. Der Innensenator lobte die Polizei
aus Hamburg Katharina Schipkowski
Die Sondersitzung des Innenausschusses zu den Ereignissen um den G20-Gipfel in Hamburg hat am Mittwoch kaum Erkenntnisse, aber viel Aufregung hervorgebracht. Die achtstündige Sondersitzung sollte den Auftakt für die parlamentarische Aufarbeitung des viel kritisierten Polizeieinsatzes und der Krawalle darstellen. Innensenator Andy Grote (SPD), Polizeipräsident Ralf Meyer, Kriminaldirektor Jan Hieber und der G20-Einsatzleiter Hartmut Dudde erklärten sich zum Sicherheitskonzept, der Polizeitaktik und den Protesten. Alle lobten den Einsatz: Die Verantwortung für Chaos und Gewalt läge bei den Protestierenden.
Polizeigewalt hätte es nicht gegeben, sagte Innensenator Grote vor dem Ausschuss und schloss sich damit der gleichlautenden Behauptung von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) an. Dabei wurden mittlerweile zahlreiche Videos und Fotos veröffentlicht, die Szenen brutaler Übergriffe von Polizeibeamt*innen auf Sanitäter*innen, Journalist*innen, Demonstrant*innen und Schaulustige belegen. „Polizeigewalt unterstellt strukturelles, rechtswidriges, gewalttätiges Eingreifen der Polizei“, sagte Grote und wies den Begriff als „diffamierend“ zurück.
Einsatzleiter Hartmut Dudde korrigierte die Zahl verletzter Polizeibeamter nach oben – es seien wesentlich mehr Polizisten zu Schaden gekommen als bislang bekannt. 592 Beamt*innen seien zwischen dem 22. Juni und dem 10. Juli „durch Fremdeinwirkung“ verletzt worden. Dabei hatte schon die bisher bekannte Zahl von 476 verletzten Polizist*innen in der Öffentlichkeit für Skepsis gesorgt.
Das Medienportal Buzzfeed hatte recherchiert, dass sich über die Hälfte bereits vor den Protesttagen krankgemeldet hatte. Zu den Verletzungen zählt die Polizei auch Verletzungen wie Kreislaufprobleme oder Schäden durch eigenes Pfefferspray. Laut Buzzfeed waren lediglich 21 Beamt*innen so schwer verletzt, dass sie nicht am nächsten Tag wieder voll einsatzfähig waren. Zu dieser Zahl sagten die Verantwortlichen vor dem Ausschuss nichts. Dudde gab lediglich an, dass mittlerweile alle PolizistInnen aus dem Krankenhaus entlassen seien und die schwersten Verletzungen Handgelenksbrüche seien.
Kriminaldirektor Jan Hieber
Kriminaldirektor Hieber erklärte, die Polizei sei von den Vorgehensweisen „Krimineller aus dem linksradikalen Spektrum“ überrascht gewesen. Verwirrt hat die Polizei offenbar die durchaus bekannte Taktik Protestierender, sich unterwegs umzuziehen. „In Sekundenschnelle“ seien aus maskierten Steinewerfern modisch gekleidete Liebespaare am Wegesrand geworden, die für die Polizei nicht mehr zu identifizieren waren. „Der schwarze Block war plötzlich nicht mehr schwarz“, fasste der Kriminaldirektor die Identifizierungsprobleme der Einsatzkräfte zusammen.
Die Opposition kritisierte den Ablauf der Sitzung. Sie hatte zu Beginn gefordert, die Erklärungen der Polizei kurz zu halten und Fragen zuzulassen. Die rot-grüne Mehrheit hatte dies verhindert. Als Reaktion darauf beteiligten sich CDU, FDP und Linke nicht an der Befragung. Die Linke fordert einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Bisher ist lediglich ein Sonderausschuss geplant, der am 31. August starten soll.
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