: Schlafsäcke nur „zufällig“ angezündet?
Justiz Prozessauftakt nach mutmaßlichem Brandanschlag auf zwei Obdachlose in Hamburg
Der Angeklagte soll in der Nacht zum 31. Januar dieses Jahres auf einem Parkdeck an den Landungsbrücken mit „einer unbekannten Feuerquelle, vermutlich einem Feuerzeug“ die Schlafsäcke und Schaumstoffunterlagen der zwei dort schlafenden 32 und 43 Jahre alten Männer angezündet haben.
Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass sich der Angeklagte in der Annahme, dass die Geschädigten in ihren Schlafsäcken verbrennen, vom Tatort entfernt hat. Nachdem einer der beiden wegen der Hitze aufgewacht sei, konnte er seinen Begleiter wecken. Es gelang ihnen, die Brände zu löschen. Einer von ihnen trug Verbrennungen am linken Handrücken und der linken Körperseite davon, der andere erlitt Verbrennungen im Gesicht.
In einer von der Verteidigung verlesenen Erklärung stritt der Angeklagte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe ab. Der Schlafplatz, an dem die beiden Geschädigten übernachteten, sei zwar ursprünglich der ihres Mandanten gewesen, sagte die Anwältin. Jedoch habe er dort bereits seit August 2016 nicht mehr geschlafen und somit kein Motiv für einen solchen Angriff. Die Anwältin fügte hinzu, dass es unklar sei, ob es sich nicht um einen „zufällig entstandenen Brand“ gehandelt habe. Im Tatzeitraum sei der Angeklagte von zwei Überwachungskameras aufgenommen worden. Auf einem der Videos ist laut Verteidigung zu sehen, wie er umherschlendert und Kippen einsammelt. So verhalte sich niemand, der gerade Menschen angezündet habe, sagte die Anwältin.
Erst Mitte Juni war in Berlin ein 21-Jähriger zu einer Haftstrafe verurteilt worden, weil er in einem U-Bahnhof einen Obdachlosen angezündet hatte. Drei 17 bis 18 Jahre alte Mitangeklagte wurden wegen Beihilfe zu Bewährungsstrafen verurteilt. Fahrgäste hatten die Flammen gelöscht, der ahnungslose Mann blieb unverletzt. Bei den Tätern handelte es sich nicht um Obdachlose. Gegen das Urteil legte die Staatsanwaltschaft Revision ein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen