Kolumne G-kacken: Wohnen in der Roten Zone

Seit Wochen knattern die Hubschrauber über den Dächern des Karoviertels. Seit dem Winter stehen Tag und Nacht Polizeiwagen an den Gebäuden der Messe.

Zwei Hubschrauber in der Luft

Hubschrauber in Hamburg Foto: dpa

Frau Merkel hatte ein dumme Idee. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz fand die super, weswegen dort, wo ich wohne, nun ein „Festival der Demokratie“ gefeiert wird. So nennt Innensenator Andy Grote, den G-20-Gipfel.

„Dort, wo ich wohne“ – das ist das als Keimzelle und Trutzburg linker Gesinnung geltende Karoviertel mit der angrenzenden Radikalenhochburg „Schanze“, wo man immer wieder über die Menge erkennbarer Autonomer staunt, die den Weg an die Luft finden. Hier nun lädt Scholz zum Tyrannenaufmarsch und nennt das „Festival der Demokratie“. Besser hätte es Sean Spicer auch nicht formulieren können.

Seit Wochen knattern die Hubschrauber über unseren Dächern. Seit dem Winter stehen Tag und Nacht Polizeiwagen an den Gebäuden der Messe, am Anfang habe ich mehrmals die U-Bahn verpasst, weil ich nicht mehr bei Rot über die Straße gehen mochte. Abends kommt – wie bei den Obdachlosen – ein Wärmebus vorgefahren und bringt heiße Getränke. Das ist sehr niedlich anzuschauen.

Überhaupt „niedlich“. Es ist auffällig, dass bis vor Kurzem nur ausgewiesen hübsche und adrette Polizisten und Polizistinnen rumstanden. Ich nutze ja gern die Gelegenheit, dass die nix zu tun haben, und erkundige mich nach Verkehrsregeln, dem Punktepotential von Verstößen und nach dem G 20.

Und abgesehen davon, dass bislang jeder einzelne Beamter den G 20 an diesem Ort als völligen Bockmist einschätzt, war keiner dabei, der nicht ausnehmend gut aussieht. So Kalendermann-ich-ziehe-Monat-für-Monat-meine-Uniform-mehr-aus-gut. Das könnte erklären, dass schon seit Wochen Verstärkung aus anderen Bundesländern vor Ort ist. Hamburg hat einfach nicht genügend top-sexy Beamte für das Dauerfestival der Demokratie.

Apropos Sex. Da ich als Anwohnerin nicht gefragt wurde, wie ich das so finde mit dem Festival und meine Gastfreundschaft bei Menschenrechtsverletzern endet, würde ich es gern stören. Meine Idee: Fickgeräusche. Ich überlege, Lautsprecher mit enormer Kraft in die Fenster meiner Wohnung zu stellen, und Pornogestöhne laufen zu lassen. „Oh! Oh! Harder! Harder!“ Wenn das nicht stört, dann weiß ich auch nicht.

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Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!

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