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Being modern oder was?

Zukunft taz.meinland auf dem Digital Bauhaus Summit 2017 in Weimar

von Torben Becker

In sein, up to date, modern sein – verschiedene Chiffren, aber ein Inhalt: Das galt lange als Bekenntnis, mit der Zeit gehen zu können. Nicht abgehängt sein, die Zeichen der Zeit erkennen können. Immer auf der Suche nach neuen Trends, um sich vom Gewöhnlichen, vom Alten abzugrenzen. Allein: Über Abgrenzungen zu etwas Vergangenem lässt sich der Begriff der Moderne nicht so recht fassen. Es gibt keine klare Definition – vielleicht ein Vermächtnis der Moderne selbst?

Unter dem Titel „Being Modern“ lädt der diesjährige und vierte Digital Bauhaus Summit (DBS) in Weimar am 16./17. Juni ein, in Workshops und Vorträgen über diesen Begriff der Moderne im digitalen Zeitalter zu diskutieren. In ihrer inzwischen ja auch schon hundertjährigen Tradition gilt die Idee „Bauhaus“ immer noch als Etikett für vorsätzliche Umbrüche. Damals ging es um die Emanzipation der Kunst von der Industrialisierung und deren künstlerische Ausgestaltung. Gegenwärtig werden – und müssen auch – Fragen nach den Emanzipationsmöglichkeiten der digital natives und derer, die es noch werden wollen, gestellt.

Klar ist, dass es zu kurz greift, Modernität als fortschreitende Zeitlinie zu begreifen, von der aus immer wieder verächtlich auf Vergangenes herabgeblickt wird. Darin liegt die Krux: eine Epoche zu beschreiben, in der man selbst lebt. Wir können die fortschreitende Digitalisierung im Zeichen der Modernität nicht von einer prämodernen analogen Zeit abgrenzen. Analog war eben auch schon modern, nur anders.

Bis vor 50 Jahren konnte man mit dem Telefon ausschließlich von zu Hause telefonieren. „Sie haben Post“, hörte man nur vom Briefträger, und in der Kneipe fand man sich ohne digital optimierten Zeitplan in der Hosentasche ein. Und heute? Heute ist auch die gastronomische Einrichtung namens Kneipe ein Ort digitalen Netzwerkens und Siri ist natürlich immer dabei. Die Post lesen wir am Bildschirm und andere Menschen, ob in beruflicher oder privater Hinsicht, lernen wir im Internet kennen. Ist das nun ein Fluch oder ein Segen für uns und unsere Zukunft?

Ob der Siegeszug der modernen Digitalisierung bedeutet, dass der Mensch selbst ein Pixel unter vielen wird, erörterte Holm Friebe, Mitbegründer der Zentralen Intelligenz Agentur (ZIA) und Mitorganisator des DBS, in der letzten Ausgabe der taz.am wochenende. Konkret fragte er, welchen Stellenwert der einzelne Mensch – das moderne Individuum – zukünftig noch für sich beanspruchen kann. Der moderne Individualismus schaffe sich selber ab: „Peak Individualism is near!“ Deswegen sei es an der Zeit, die Augen nach Alternativen in der digitalisierten Zukunft offen zu halten – so sein Vorschlag.

Future is not an Option

Die Zeiten jedoch, in denen Zukunft als goldene Vokabel der Fortschrittsverheißung verwendet wurde, sind vorbei. Zukunft erscheint uns als Ungewissheit, in der sich alles immer schneller dreht. Unter dem Titel „Future is not an Option“ diskutiert taz.meinland am 16. Juni beim DBS mit den dort ohnehin versammelten Expert*innen digitaler Realitäten an einem runden Tisch die Auswirkungen der digitalen Medien auf unsere Vorstellungen von einer gemeinsamen Zukunft.

Wie können wir auf die beschleunigende Digitalisierung und Rationalisierung unseres Lebens antworten? Allein mit Entschleunigung, antidigitalen Freiräumen und Achtsamkeit? Ein Beispiel: das nur in Deutschland noch überwiegend unpopuläre bargeldlose Bezahlen. Besteht nicht die Gefahr, dass Menschen ohne Plastikgeld auf der Strecke bleiben? Denn wohl kaum wird Bettler*innen oder Straßenfeger-Verkäufer*innen zukünftig per Kreditkarte ausgeholfen. Darüber hinaus werden mit der Digitalisierung unserer Umwelt Arbeitsplätze optimiert. Kälter gesagt: Sie werden überflüssig. Es geht um solche konkreten Effekte (post-)moderner Digitalisierungsprozesse im Alltag, die uns alle betreffen. In diesem Sinne möchten wir herausfinden, was es heißt: How to be modern today? – for everyone.

taz.meinland auf dem Digital Bauhaus Summit 2017: Am 16. Juni moderiert Jan Feddersen (taz) um 14.30 Uhr den runden Tisch zum Thema „Future is not an Option“. Die Diskussions­runde ist offen für angemeldete Teilnehmer*innen des DBS 2017.

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