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Suche nach Identität

Kino Das Kurdische Filmfestival bringt Diversität und politische Situation der Kurd*innen auf die Leinwand

von Sibel Schick

Für Rojen, eine der zwei Protagonistinnen von „Gülistan, Land of Roses“ von der Regisseurin Zaynê Akyol, ist das Machtverhältnis zwischen Mann und Frau klar definierbar: Keine verheiratete Frau ist glücklich, weil sie ein für Sklaverei bestimmtes Leben führt. Deshalb kämpfen die Frauenguerillas nicht nur gegen den sogenannten Islamischen Staat, sondern auch gegen die patriarchalen Strukturen in ihrer eigenen Gesellschaft. Für Sozdar ist das kapitalistische System die Verkörperung der Unsittlichkeit, und es hat keinen Grund sich auf Frauen zu verlassen. Daher soll es zuerst auf sie zielen: „Schlage die Frau, um die Leute zu schlagen und sie zu zerstören.“ Die Regisseurin begleitet eine Einheit der PKK-Kämpferinnen und führt intensive Gespräche mit ihren zwei Protagonistinnen über Begrifflichkeiten wie Freiheit und Tod.

Spielfilme, Dokumentationen, Podiumsdiskussionen, ein Workshop: Das Kurdische Filmfestival ist eine Begegnungsstätte für das Berliner Publikum und die kurdischen Filmemacher*innen. Das Ziel des Festivals sei es, ein Programm zusammenzustellen, das die Diversität der kurdischen Gesellschaft und die aktuelle politische Situation der Kurd*innen widerspiegelt. Mit den Veranstaltungen sollen die Missstände, welche die Filmemacher*innen in ihren Filmen zeigen, intensiv diskutiert und nachvollziehbar gemacht werden: „Gemeinsam wollen wir über Lösungsansätze, Perspektiven und die kurdische Zukunft sprechen.“

Die zentralen Motive der ausgewählten Filme sind die kurdischen Guerillabewegungen. Thematisiert werden neben der Emanzipation der kurdischen Frauen auch die politische Anspannung in der Türkei und der Militärputsch von 1980 sowie seine Folgen. Mit der Suche nach der Freiheit beschäftigen sich die Filme intensiv, und porträtieren von der türkischen Regierung ausgehende Willkür und Repression.

Der Spielfilm „Folge Meiner Stimme“ von Hüseyin Karabey etwa erzählt von der kleinen Jiyan, die in einem abgelegenen kurdischen Bergdorf lebt und sich um ihren Vater sorgt, der als vermeintlicher Freischärler von türkischen Polizeikräften festgenommen wurde. Er soll seine Waffe abgeben. Jiyans Großmutter Berfe muss sich auf die Suche nach einer Waffe machen, die der Vater nie besessen hat.

„Dil Leyla“ porträtiert die jüngste Bürgermeisterin in der Geschichte der Türkei

Das kurdische Filmfestival in Berlin wurde 2002 ins Leben gerufen mit der Idee, kurdische Kultur und Filmschaffen in den Fokus zu rücken. „Die kurdische Filmkultur ist im Vergleich zur iranischen noch jung und unbekannt. Zwar kennt man Yılmaz Güney, aber es fehlte eine Plattform für die vielen kurdischen Künstler*innen, um ihre Filme einem politisch interessierten sowie Arthouse-affinen Publikum vorzustellen. Die Kurdische Gemeinde spricht von einem Zuwachs von etwa 150.000 schutzsuchenden Kurd*innen in Deutschland seit 2013. Das macht diese Edition besonders wichtig“, so die Pressesprecherin des Veranstalters Mîtosfilm. Zurzeit leben circa 50.000 Kurd*innen in Berlin.

Auch die Brücke zwischen den Kurd*innen in der Türkei und in Deutschland will das Festival schlagen: In dem biografischen Dokumentarfilm „Dil Leyla“ der Regisseurin Aslı Özarslan handelt es sich um Leyla İmret, die jüngste Bürgermeisterin in der Geschichte der Türkei. İmret ist 1987 in der kurdischen Stadt Cizre geboren und in ihrem 9. Lebensjahr nach Deutschland gezogen, nachdem ihr Vater von den türkischen Sicherheitskräften erschossen wurde. Mit einer schüchternen Stimme erzählt İmret von ihrem Leben und den traumatischen Gewalt­er­lebnissen aus ihrer Kindheit, währenddessen beobachten wir die aktuellen blutigen Auseinandersetzungen seit der Regierungswahl 2015.

Das umfangreiche Rahmenprogramm umfasst außerdem die Podiumsdiskussion „Von Yılmaz Güney bis heute – die Suche nach kurdischer Identität auf der Leinwand“ – dort werden am Samstag Hüseyin Tabak (Regisseur), Ali Güler (Filmjournalist) und Eyüp Burç (Journalist und TV-Redakteur) referieren. Am selben Tag wird die deutsch-kurdische renommierte Filmemacherin Ayşe Polat ihren Workshop zum Thema „Das Dokumentarische im Spielfilm, das Szenische im Dokumentarfilm“ leiten. Am 18. Juni wird es bei der zweiten und letzten Podiumsdiskussion um das Filmschaffen im Krieg gehen. Referenten sind Ayoob Ramadan (Kulturminister Behdinan, Irakische Autonome Region Kurdistan), Hussein Hassan (Regisseur), Ekrem Haydo (Regisseur) und Yılmaz Özdil (Filmdozent). Organisator*innen laden zudem auf die Abschlussparty am 21. Juni ab 22 Uhr im SO36 mit DJ Ipek sowie der kurdischen Live Band Nupelda.

Kurdisches Filmfestival Berlin: 15.–21. 6., Babylon Mitte, www.kurdischesfilmfestival.de

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