Trainerwechsel beim FC St. Pauli: Direktor für Sport und Kult

Der Hamburger Zweitligist befördert Ewald Lienen zum Technischen Direktor. Trainer wird der bisherige Assistent Olaf Janßen.

Ewald Lienen klatscht

Kulttrainer wird Kultdirektor: Ewald Lienen freut das Foto: dpa

HAMBURG taz | Ewald Lienen geht in die zweite Reihe. Der Cheftrainer des Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli gibt zur neuen Saison sein Amt auf und wechselt auf den neu geschaffenen Posten des Technischen Direktors. Sein Vertrag gilt bis Mitte 2020. Als neuer Coach des Zweitligisten tritt Co-Trainer Olaf Janßen die Nachfolge von Lienen an. Janßens Kontrakt läuft bis 2019.

„Der Posten reizt mich sehr“, verkündete ein gut gelaunter Lienen am Mittwoch. Der 63-jährige, bislang ältester Übungsleiter der Zweiten Bundesliga, genießt am Millerntor Kultstatus. Im Dezember 2014 übernahm er das Traineramt, als das Hamburger Team abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz stand und bewahrte es knapp vor dem Abstieg.

In diesem Jahr gelang ihm das Kunststück erneut: Zur Winterpause abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz, führte der schon von Entlassung bedrohte Lienen sein Team in einer furiosen Rückrunde noch auf Rang sieben – ein Tabellen-Sprung, der so bislang noch nie einem Verein innerhalb einer Halbserie gelang.

Meinungsstarker Sportsfreund

Doch Lienens außergewöhnliche Beliebtheit am Millerntor liegt nicht nur an seinen sportlichen Erfolgen. Schon zu seiner Zeit als Fußball-Profi, galt Lienen als „mündiger Spieler“, der sich auch politisch engagierte und Anfang der 80er Jahre auch schon mal als Diskussionsteilnehmer beim Dortmunder „Festival der Jugend“ der DKP aufgelaufen ist.

Auch seit seinem Amtsantritt beim FC St. Pauli blickte Lienen immer wieder über den sportlichen Tellerrand hinaus und äußerte sich kritisch zu Themen wie Kommerzialisierung des Fußballs oder über Homosexualität im Profi-Sport: „Wenn sich bei St. Pauli ein Fußballer als homosexuell outen würde, der würde Kultstatus am Millerntor bekommen“, prophezeite Lienen, der als Spieler einst den Uefa-Pokal gewinnen konnte, und ergänzte: „Aber wenn der gleiche Spieler dann in ein anderes Stadion einläuft, möchte ich nicht die Hand dafür ins Feuer legen, was mit ihm passiert.“

Mit seiner Meinungsstärke und seiner linken Vergangenheit passte Lienen zu dem Klub vom Millerntor, der wie kein zweiter in Deutschland sein soziales und politisches Engagement herausstellt und dessen Fans mehrheitlich als eher politisch links gelten. „Die Liebesbeziehung geht weiter“, meinte Vereinsboss Oke Göttlich zu Lienens neuen Job am Hamburger Kiez.

Als Technischer Direktor soll der gebürtige Westfale deshalb den Verein auch öffentlich als „Wertebotschafter“ vertreten. Lienen soll zudem als Berater aller Entscheidungsgremien, der Geschäftsführer und Trainer fungieren. Zudem ist er für die Ausbildung der Trainer im Nachwuchsleistungszentrum, den Ausbau der internationalen Kooperationen und den Bereich Sponsorenpflege zuständig. „Mit meiner Erfahrung kann ich helfen und die mittelfristige Entwicklung des Vereins beeinflussen“, so Lienen.

Vertrauen in den neuen Trainer

Lienens Positionswechsel ist kein Schnellschuss. Schon im November 2014 kam Göttlich auf die Idee, den erfahrenen Lienen in einer solchen Funktion an den Klub zu binden. Durch die sportliche Krise aber wurde er erst einmal als „Übergangstrainer“ gebraucht und blieb zweieinhalb Jahre auf dieser Position. Nach der erfolgreichen Rückrunde könne er nun „guten Gewissens den Staffelstab an Olaf weitergeben, den ich als meinen Nachfolger empfohlen habe“, verabschiedete sich Lienen von seinem Amt.

Janßen war in der Winterpause ans Millerntor gekommen, um den Trainerstab zu verstärken. Janßen hat nach Einschätzung der Vereinsverantwortlichen entscheidenden Anteil daran, dass das Zweitliga-Team die beste Rückrunde in der Vereinsgeschichte spielte. „Ich werde alles dran setzen, dass uns eine erneute Zittersaison erspart bleibt“, sagt Janßen.

Der 50jährige war schon Co-Trainer von 1860 Münschen, hatte an der Seite von Berti Vogts diesen Job auch bei der aserbaidschanischen Nationalelf inne, und stieg aus gleicher Funktion beim VFB Stuttgart nach einer Trainerentlassung für zwei Spiele zum Chefcoach auf.

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