Bequem studieren per Mausklick

Uni-Alltag Manche StudentInnen haben noch nie eine Seite kopiert. Und das ist auch gar nicht nötig

BERLIN taz | Wie wird heute studiert? Wozu braucht es digitale Semesterapparate? Und findet Studium nur noch online statt? Während sich Große Koalition und Verlage um das neue Gesetz zum Urheberrecht streiten, hat sich das universitäre Leben längst in die digitale Welt verschoben.

Studieren ist heute bequem wie nie – und von überall möglich: Mit einem Klick haben StudentInnen alle wichtigen Materialien parat. Das verändert den Unialltag, wie drei Berliner StudentInnen berichten.

„Ich kann mir mein Studium ohne das Onlineangebot gar nicht mehr vorstellen“, sagt Lamis, 21 Jahre alt. Sie studiert Wirtschaft und Spanisch im vierten Semester an der Humboldt-Universität zu Berlin. Für sie ist es ganz normal, dass ProfessorInnen und DozentInnen relevante Ressourcen auf der Online-Lernplattform Agnes zur Verfügung stellen. „Bis jetzt habe ich auch immer nur solche bereitgestellten Textauszüge zum Lernen genutzt. Wenn ich jedes Mal das ganze Buch lesen würde, hätte ich kein Leben mehr“, sagt Lamis.

Sowieso zu wenige Kopierer

Ohne diese Hilfestellung stellt sie sich das Studieren schwierig vor: „Es ist fast unmöglich, an Bücher zu kommen, weil sie ständig verliehen sind. Und alle selber zu kaufen, kann ich mir als Studentin nicht leisten.“ Während zwei Jahren Studium hat sie noch nie relevante Textstellen aus einem Buch kopiert. „Ich kenne auch niemanden, der das macht.“

Die 26-jährige Andrea, Master-Studentin der Kulturwissenschaften, sieht dafür einen guten Grund: „In Berlin gibt es viel zu wenige Kopierräume für alle Studierende. Und Drucken ist teuer“, sagt sie. Während ihres Bachelors hat sie mehrere Semester in Wien und Klagenfurt studiert. Dort war es ähnlich.

Überall seien der Zugang zu Materialien und Organisatorisches online geregelt worden. „Ich kaufe schon auch mal ein Buch oder drucke Texte aus, aber manchmal ist es ganz angenehm, in der U-Bahn ein PDF lesen zu können“, sagt Andrea. Selbstkritisch ergänzt sie: „Dadurch, dass alles vorgegeben wird, werden wir immer bequemer. Wir lassen uns alles bereitstellen.“

Philipp sieht das anders. Er ist 21 und studiert Elektrotechnik an der Berliner TU. „Die Onlinematerialien nehmen genau Bezug auf unsere Veranstaltungen. Es würde viel Zeit kosten, alles selber zu suchen. Und am Ende lernt man vielleicht etwas Falsches oder Unwichtiges“, meint er. Nicht zu vergessen sei der soziale Aspekt: Durch die digitalen Lernplattformen könne man sich vernetzen, KommilitonInnen finden und kommunizieren.

In einem Punkt sind sich alle drei einig: Wenn sie in die Bibliothek gehen, dann nicht wegen der Bücher, sondern der guten Lernatmosphäre. Und arbeiten dort grundsätzlich nur mit dem Laptop. Klara Weidemann