piwik no script img

Viel Glaube,viel Diskussion

CHRISTEN Kirchentag geht mit Großgottesdienst zu Ende. Das Treffen war kontrovers wie lange nicht

Sie sehen „ihn“. Gläubige auf dem Festgelände in Wittenberg Foto: dpa

WITTENBERG dpa/epd/taz | Zum Abschluss des Evangelischen Kirchentags haben Zehntausende Gläubige einen Gottesdienst in Wittenberg gefeiert, der Wiege der Reformation. Die Feier unter blauem Himmel auf den Elbwiesen bildete einen Höhepunkt des fünftägigen Glaubensfestes. Die Veranstalter sprachen von 120.000 Gottesdienstbesuchern.

Der Primas der Anglikanischen Kirche in Südafrika, Erzbischof Thabo Makgoba, erinnerte in seiner Predigt an die historische Leistung des Reformators Martin Luther. „Er war einer der wahren Väter demokratischer Freiheit“, sagte er. Die Reformation sei ein theologischer Wendepunkt, aber auch ein entscheidender Moment für die gesellschaftliche und politische Entwicklung der Menschheit.

An dem Gottesdienst nahm auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teil. Er sprach sich für eine noch engere Zusammenarbeit evangelischer und katholischer Christen aus. „Noch vor einem halben Jahrhundert wäre kaum denkbar gewesen, was wir nun an Gemeinschaft unter den christlichen Konfessionen erleben dürfen.“ Der Austausch beider Konfessionen tue dem ganzen Land gut, so Steinmeier. „Ich glaube: Martin Luther wäre sehr zufrieden mit uns!“

Vor dem Abschlussgottesdienst hatten mehrere Hundert Gläubige eine „Nacht der Lichter“ unter freiem Himmel auf den Elbwiesen verbracht.

Beim Kirchentag Berlin/Wittenberg unter der Bibellosung „Du siehst mich“ gab es rund 2.500 Veranstaltungen, darunter Bibelarbeitsgruppen, Diskussionsrunden, Workshops, Konzerte und Kunstprojekte. Die Veranstalter zählten an den Programmtagen in Berlin etwa 106.000 Dauerteilnehmer sowie 30.000 Tagesgäste – weniger als anfangs erwartet. Es war dennoch der größte Kirchentag seit Langem. Die Besucher setzten mit orangefarbenen Tüchern, T-Shirts und Bändern auch farblich einen Akzent im Stadtbild.

„Stargast“ war der frühere US-Präsident Barack Obama, der am Brandenburger Tor vor 70.000 Menschen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel diskutierte und deren Flüchtlingspolitik lobte.

„Protestantische Streitkultur“ hatte Kirchentagspräsidentin Christina Aus der Au im Vorfeld versprochen. Die wurde eingelöst: Eine gemeinsame Predigt von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Militärbischof Sigurd Rink wurde von Friedensaktivisten gestört. Bei einer Debatte über Rüstungsexporte mit Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) wurden Transparente entrollt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wurde ausgebuht – von einigen aber auch beklatscht – für seine Haltung zum Familiennachzug von Flüchtlingen. Umstritten war auch eine Debatte mit der AfD-Vertreterin Anette Schultner.

„Ich glaube: Martin Luther wäre sehr zufrieden mit uns!“

Frank-Walter Steinmeier

Die Einbindung Wittenbergs war den Organisatoren wichtig, weil der Überlieferung nach Martin Luther hier am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen anschlug – dies gilt als Ausgangspunkt der Reformation.

Meinung + Diskussion

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen