Wolfgang Gast leuchten der Menschheit : Auf der neuen Seidenstraße
Einst tauschten Händler auf der Seidenstraße Geschichten, Gewürze und den schimmernden Stoff. Die Silk Road gilt als eine der ältesten Handelsrouten der Welt. Lange bevor Marco Polo hier entlang reiste, wurde in China die kostbare Seide entdeckt.
Die erste Karawane soll um das Jahr 100 v. Chr. in Chinas alter Hauptstadt Chang’an, heute Xi’an, Richtung Mittelmeer aufgebrochen sein. Ein Abenteuer. Denn die Route führte durch die riesige Taklamakan-Sandwüste. Und über schneebedeckte, oft höher als 4.000 Meter gelegenen Pässe des Pamir-Gebirges. Und überall lauerten Räuber und Wegelagerer. Der Oxforder Historiker Peter Frankopan hat in „Licht aus dem Osten. Eine neue Geschichte der Welt“ dieses Abenteuer lesenswert neu vermessen (Rowohlt, 2016).
Was früher die Seide und Gewürze waren, sind heute Container mit Kürzel wie „NSR“ oder „CR“. Sie stehen für „New Silk Road“ und „China Railway Express.“ Die neue Seidenstraße, 11.179 Kilometer lang, reicht von Chongqing im Südwesten Chinas über den Alatau-Pass nach Kasachstan und quer durch Russland sowie Weißrussland und weiter nach Polen, um schließlich etwa in Duisburg zu enden.
Kein anderes Projekt hat derzeit in China eine höhere Bedeutung als das auch „One Belt, One Road“ bezeichnete Infrastrukturprojekt. China will anknüpfen an eine Zeit, in der das damalige Kaiserreich der Mittelpunkt des Welthandels war. Diese Position will sich China zurückerobern. Doch dafür muss das Land näher an seine Absatzmärkte heranrücken.
Bislang hat Peking 64 Staaten, darunter Deutschland, in der Initiative „One Belt, One Road“ vereint. Länder aus Asien, dem Nahen Osten, aus Afrika sowie Ost- und Westeuropa sind darin vertreten. Kaum ein Staat will Chancen verpassen. China will mehrere Milliarden Dollar für die Handelsinitiative bereitstellen. Das kündigte Staatschef Xi Jinping in seiner Eröffnungsrede bei einem zweitägigen Seidenstraßen-Gipfel vor vierzehn Tagen in Peking an.
Doch das Treffen stand unter keinem guten Stern. Es war von einem neuen nordkoreanischen Raketenversuch und einem Eklat zwischen Gastgeber und Europäern über Handelsfragen überschattet. Wie das halt so ist bei gigantischen Prestigeprojekten. Auch für die gilt: Selbst die längste Reise beginnt mit einem ersten Schritt.
Der Autor ist Redakteur der taz
Foto: privat
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