Energie-Frieden mit
der Industrie gesucht

Strompreis Thinktank Agora und Roland Berger fordern dauerhafte Ausnahmen für Unternehmen

Verbraucher sollen aus Steuermitteln entlastet werden

BERLIN taz | Bisher ist das Verhältnis von Energiewende-Befürwortern und energieintensiver Industrie eher von gegenseitigen Vorwürfen geprägt: Unternehmensverbände warnen regelmäßig, die mit der Energiewende verbundenen Kostensteigerungen trieben die Industrie aus dem Land. Umweltverbände kritisieren hingegen, dass die zunehmenden Ausnahmen für die Industrie den Strom für die übrigen Verbraucher teurer machten und damit die Akzeptanz der Energiewende gefährdeten.

Der Thinktank Agora Energiewende hat sich nun zusammen mit der Unternehmensberatung Roland Berger vorgenommen, diesen Gegensatz aufzubrechen. Am Mittwoch stellten sie eine gemeinsam verfasste „Charta für eine Energiewende-Industriepolitik“ vor, die einen Impuls für eine Vereinbarung zwischen Politik und Industrie sein soll. Im Mittelpunkt steht mehr Investitionssicherheit für die Industrie.

Einerseits soll sich die Politik parteiübergreifend dazu verpflichten, die beschlossenen Klimaziele nicht mehr infrage zu stellen. Das sei unerlässlich für Unternehmen, die in Effizienz und klimafreundliche Technologien investieren wollen. „Das passiert nicht, wenn unklar ist, ob die Ziele ernst gemeint sind“, sagte Agora-Präsident Patrick Graichen.

Zum anderen machen Agora und Roland Berger einen Vorschlag, der bei der energieintensiven Industrie gut ankommen dürfte: Ihre günstigen Strompreise durch Ausnahmen etwa bei Ökostrom-Umlage und Netzentgelten sollen dauerhaft garantiert werden. Für Investitionen seien „dauerhaft wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen“ eine Voraussetzung, sagte Stefan Schauble, Deutschland-Chef bei Roland Berger. Vorgeschlagen wird ein internationaler Vergleichswert, den die Energiekosten in Deutschland nicht überschreiten dürfen.

Während Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) die dauerhaft garantierten Industrie-Ausnahmen am Mittwoch als „sehr klugen Vorschlag“ bezeichnete, kam von Julia Verlinden (Grüne) Kritik. Es sei nicht akzeptabel, „die Abgabenlast für die Industrie bei hohen Energiekosten zu senken, aber nicht bei niedrigen Energiekosten den Beitrag der Industrie im Gegenzug zu erhöhen“, erklärte sie. Das würde zu einer zusätzlichen Belastung der Bürger führen.

Um dies abzumildern, schlagen die Autoren der „Charta“ vor, einen Teil der Energiewendekosten künftig nicht über Strompreis-Umlagen zu finanzieren, sondern aus Steuermitteln. Dieser Teil dürfte allerdings auf Widerstand stoßen – das zeigte die Reaktion von Altmaier auf diesen Vorschlag: Eine Senkung des Strompreises durch Steuerzuschüsse lasse sich „nicht seriös darstellen“, sagte er.

Malte Kreutzfeldt