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Kommentar Pleite von SolarworldBillig ist wichtiger als deutsch

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Der deutsche Solarpionier ist pleite und das ist nicht schön. Aber weder ist die Energiewende daran schuld noch ist sie damit am Ende.

Sonne gibt es auch weiterhin – nur die Arbeitsplätze im Gebäude sind jetzt weg Foto: dpa

F ür die MitarbeiterInnen von Solarworld ist die Insolvenz des deutschen Solar-Pioniers ohne Frage bitter. Aber sie ist weder ein Zeichen für eine verfehlte Energiepolitik in Deutschland noch ein Problem für den Fortgang der Energiewende.

Gescheitert ist Solarworld nämlich vor allem daran, dass Solarzellen mittlerweile einfach zu fertigende Massenprodukte sind. Und die lassen sich in China oder Vietnam nun mal günstiger herstellen als in Sachsen. Daran kann die Politik wenig ändern. Und sie sollte es auch gar nicht versuchen.

Denn der dramatische Preisverfall, der Solarworld und anderen deutschen Unternehmen wie Solon, Conergy und Q-Cells das Genick gebrochen hat, hat zugleich dazu geführt, dass Solarenergie heute in vielen Ländern wettbewerbsfähig ist und einen weltweiten Boom erlebt. Für die Energiewende ist es wichtiger, dass Solarzellen billig sind, als dass sie aus Deutschland stammen.

Auch für ein Versagen der deutschen Energiepolitik ist die Solarworld-Pleite kein Beleg. Weder stimmt es, dass die hohen Solarsubventionen der Vergangenheit damit unsinnig waren, wie von konservativer Seite argumentiert wird. Denn erst diese haben dazu geführt, dass sich die Solarindustrie so schnell zum Massenmarkt entwickelt hat. Noch ist der später starke Rückgang der Solarvergütung schuld am Niedergang der deutschen Solarunternehmen, wie manche Grüne behaupten. Denn auch bei einer höheren Vergütung wären günstige Module aus China für Anlagenbetreiber attraktiver gewesen.

Ein Problem ist das Verschwinden der deutschen Hersteller höchstens, weil heimische Arbeitsplätze wichtig für die Akzeptanz der Energiewende sind. Doch auch hier ist Entwarnung angesagt: Komponenten wie Wechselrichter und Speicher werden hierzulande weiter gebaut, installiert werden Solaranlagen ebenfalls vor Ort. Insgesamt führt die Energiewende darum auch mit importierten Solarmodulen zu zusätzlichen Arbeitsplätzen.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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10 Kommentare

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  • "Denn auch bei einer höheren Vergütung wären günstige Module aus China für Anlagenbetreiber attraktiver gewesen."

     

    Siehe auch (aber nicht nur) in diesem Zusammenhang:

     

    Zur imperialistischen Kooperation der Seidenstraßen-Initiative der VR China: »Seidenstraßen-Initiative stärkt die regionale Wirtschaftskooperation und verbessert das weltwirtschaftliche Regieren« Ein Beitrag von Hu Biliang, Direktor des Forschungsinstituts für aufstrebende Märkte und den Aufbau „eines Gürtels und einer Straße“ der Beijinger Pädagogischen Universität, in "China Heute", via "Beijing Rundschau": http://german.beijingreview.com.cn/Wirtschaft/201705/t20170512_800095981.html

     

    Meine Empfehlung: "Der konservative oder Bourgeoissozialismus", von Karl Marx und Friedrich Engels, im "Manifest".

     

    Marx und Engels, beide schreiben u.a. -bereits um die Jahreswende 1847/1848- zum Bourgeosisozialismus -wie die Faust aufs Auge- zur heutigen ökonomischen und politischen Wirklichkeit:

     

    "Seinen entsprechenden Ausdruck erreicht der Bourgeoissozialismus erst da, wo er zur bloßen rednerischen Figur wird. - Freier Handel! im Interesse der arbeitenden Klasse; Schutzzölle! im Interesse der arbeitenden Klasse; Zellengefängnisse! im Interesse der arbeitenden Klasse: das ist das letzte, das einzige ernst gemeinte Wort des Bourgeoissozialismus."

     

    Siehe doch nur die heutige weltweite Realität des Kapitalismus und Imperialismus.

  • insgesamt gebe ich dem Artikel absolut Recht. Insbesondere stimmt auch die These, dass höhere Subventionen nur die Marge vergrößert hätten, niemand hätte deshalb ein Modul von Solarworld gekauft, weil er mehr Geld kriegt. Vor allem: die besseren Module werden auch in Deutschland hergestellt, aber eben nicht von solarworld.

    • @Dr. McSchreck:

      Ich würde eher diesen Artikel empfehlen: http://www.klimaretter.info/meinungen/standpunkte/23099-ausgebremst-gedeckelt-und-pleite

       

      Das fasst die deutsche "Klima- und Energiepolitik" der letzten Jahre ganz gut zusammen. Übrigens kommt das UBA (immerhin der Regierung unterstellt) zu dem Schluss, dass Braunkohlestrom mit ca. 10€cent/kWh subventioniert ist. Soviel zu dem ideologischen Subventions-Sprech, den wohl nach so vielen Wiederholungen selbst die Grünen-Anhänger glauben. Leider ist aber Folgendes die eigentliche Crux: "Der Markt sorgt nicht dafür, dass der Verbrauch von Allgemeingütern in die betriebswirtschaftliche Rechnung einfließt. In der Folge haben immer diejenigen die besten Chancen im Wettbewerb, denen es gelingt, den größten Teil ihrer Kosten auf die Allgemeinheit und zukünftige Generationen abzuwälzen" (Fritz Lietsch im Zs.hang mit "true cost accounting" auf der Sonnenseite).

      Und eines noch: Die Höhe einer zum Überleben auskömmlichen Marge ist in der Photovoltaik direkt abhängig von der Marktgröße, d.h. in einem großen Markt kann man auch mit niedrigen Margen leben (zum Wohle des Verbrauchers). Wird der Markt künstlich klein gemacht (wie gegenwärtig) gibt es keinen Spielraum mehr für gute Löhne, Qualität und Investitionen. Eine Abwärtsspirale ...

      • @Stromrealist:

        die Grundthese des von Ihnen verlinkten Artikels ist schon falsch, die Förderung wurde nicht "ausgebremst", sondern nach unten angepasst, weil auch die Module immer billiger wurden. Es sollte schlicht die Marge der "Solarstromverkäufer" nicht zu sehr anwachsen. Das stellt der taz-Artikel besser dar.

         

        Die Förderung war völlig unabhängig davon, ob man deutsche oder chinesische Module kaufte (alles andere wäre auch unzulässig gewesen, siehe Trump). Gegen die Chinesen wurden sogar Schutzzölle wegen Dumping-Vorwürfen verhängt.

        • @Dr. McSchreck:

          Nein, leider ist Ihre These falsch und wird auch nicht durch Wiederholung nicht richtiger. Der eigentliche Hebel für die Preissenkung ist die Marktgröße (!!) und das nicht nur über die sinkenden Herstellkosten der Module, sondern über die gesamte Wertschöpfungskette (bei der Installation inbesondere auch über sinkende spezifische Gemeinkosten und Professionalisierung). Wenn man den Markt kollabieren lässt, werden in einer Kettenreaktion alle Teile der Wertschöpfungskette (auch die sog. "wettbewerbsfähigen") in den Abgrund gerissen. 70.000 Arbeitsplätze sind nicht verloren gegangen, weil da genug "Marge" übriggeblieben wäre (oder wie Vertreter der Bundesregierung sagen "Speck"). Das ist ja eine vollkommen absurde Argumentation! Die Mindestpreise wurden für die europäische Solarindustrie (vor allem auf Betreiben der deutschen Regierung/Industrieverbände) viel zu spät eingeführt, so dass das USA-Geschäft zum Rettungsanker vieler deutscher Solarunternehmer wurde - bei viel höheren Margen und exponentiellem Marktwachstum. Nur dass mit der Zeit bei den meisten Unternehmen die amerikanische Tochterfirma der Hauptsitz wurde und in Deutschland maximal noch ein Büro betrieben wurde. So wirken halt zukünftige Einkommens- und Gewinnerwartungen auf die Standortwahl einer vor einem globalen Megaboom stehenden Wirtschaftsbranche ...

          Siehe auch Elektrofahrzeuge und Batteriespeicher ...

          • @Stromrealist:

            Es geht um die Marge nicht der Solarmodulhersteller, sondern derjenigen, die Solarstrom zum Beispiel auf ihrem Dach installiert haben, ggf. auch auf ganzen Feldern. Sie wissen so gut wie ich, dass die Förderung, die abgesenkt wurde und hier gemeint ist, die garantierte Vergütung bei Abnahme des Stroms war und das betrifft nicht Solarworld, Yingli oder wie sie alle heißen, sondern den Herrn Nachbarn mit dem Modul auf dem Dach. Der konnte es nach ein paar Jahren viel billiger kaufen als anfangs gedacht und erhielt daher auch nur noch einen geringeren Preis für den von ihm eingespeisten Strom.

            • @Dr. McSchreck:

              Gegen eine Senkung, die sich an der technologischen Lernkurve orientiert hätte, gepaart mit einem klaren und glaubhaften Signal an China, gegen Dumping vorzugehen, hätte nie jemand etwas gesagt. Dass der Markt faktisch komplett zusammengebrochen, ist jedoch Fakt und macht die Erfüllung der deutschen Klimaschutzverpflichtungen mittlerweile zur Makulatur. Das "Eindämmen" der Photovoltaik war und ist erklärtes Ziel einer Fülle von politischen Maßnahmen gegen die Photovoltaik in den letzten Jahren.

              • @Stromrealist:

                es werden nach wie vor Anlagen verkauft und es lohnt auch nach wie vor, solche zu installieren. Nur das Wachstum hat nachgelassen, was auch sinnvoll ist, weil an sonnenreichen Tagen bereits jetzt Überkapazitäten bestehen und ein weiterer Ausbau keinen Sinn ergibt, bevor es ausreichend Speichermöglichkeiten gibt.

                • @Dr. McSchreck:

                  Ja, sehr sinnvoll, so werden wir dann im Jahr 2150 unsere Klimaziele erreichen! "Überkapazitäten" von Solarstrom sind in Deutschland nicht vorhanden: Abschaltungen gibt es im Wesentlichen nur bei Windstrom, welcher sich in windreichen Gegenden konzentriert und für den dann u.U. keine Leitungskapazitäten frei sind oder freigemacht gemacht werden (wegen den ungebremst exportierenden Kohlestromern). Bei entsprechender Rahmensetzung (die bewusst nicht erfolgt!) könnten zudem ohne Weiteres ganz erhebliche Mengen Solarstroms in verschiedenste Sektoren integriert werden (Wärme, Kälte, Mobilität etc.) und dort unmittelbar fossile Brennstoffe bzw. fossilen Strom ersetzen. Dass die Verteilnetze durch moderne Steuerungstechnik auf den aktuellen Stand der Technik gebracht werden sollten, kann ja wohl in einem Land, welches ein enormes strukturelles Unterinvestment aufweist, nicht als Problem angesehen werden. Da muss man ja schon absichtlich und kontinuierlich in die falsche Richtung schauen, um nicht gewungen zu werden, die darin liegenden Chancen wahrnehmen zu müssen. Und dann vor der Wahl mal wieder einmal generische Steuerentlastungen anzukündigen ... Diese Zukunftsinvestitionen in eine moderne dezentrale Energieversorgung hätten die Konjuktur angekurbelt, ohne die Industrien der Nachbarn niederzukonkurrieren. Wie heisst es so schön in einem BAP-Song: "Massenhaft Chancen, gnadenlos vergeigt". Das trifft es am besten.

  • Wenn es denn so einfach wäre...

    Viele Solarfabriken in Deutschland produzieren, nach Entschuldung bzw. Insolvenz inzwischen wieder für den Weltmarkt (da die Absatzzahlen in West- und Südeuropa politisch weiter niedrig gehalten werden, siehe "Sonnensteuer"). Die unter der Marke "Conergy" errichtete Modulfabrik in Frankfurt/Oder produziert z.B. unter dem chinesischen Mutterkonzern Astronergy, der dort weiter investiert. Es gibt zahlreiche weitere Beispiele für wiederangelaufene Fertigungen in Deutschland. Deshalb: Klar kann man Solarmodule in Europa fertigen mit modernsten Maschinen der neuen Generation und insbesondere im High-Performance-Segment (mit 40 Jahren Lebensdauer) und ohne Altlasten aus vergangenen Tagen.

    Hier mal einfach so locker aus dem Handgelenk zu schreiben, der politisch induzierte Komplettzusammenbruch des Absatzmarktes in Europa (letzter Dominostein war GB) spiele keine Rolle bei der Entwicklung bzw. der langen Kette der Insolvenzen, spricht nicht gerade für das Durchschauen komplexer Zusammenhänge. Bei kleineren und mittleren Anlagen spielen zudem Unterschiede im Modulpreis im €cent/W-Bereich für die Stromgestehungskosten kaum eine Rolle, insbesondere im Vergleich zu den spezifischen Gemeinkosten der Installationsunternehmen, da die gesamten Gemeinkosten nach dem Kompletteinbruch nun auf einen Bruchteil der Anlagen umgelegt werden müssen und zusätzlich durch bürokratische Schikanen in die Höhe getrieben werden. Dieser Effekt ist bekannt und leicht zu begreifen, schädigt die gesamten Wertschöpfungskette und dürfte die Effekte fallender Preise durch Importmodule weit überkompensieren.