piwik no script img

Der Telefonist

Wie machen Sie das?

Foto: Archiv

Mirko Böttger, 37 Jahre, saß jahrelang im Kundenservice für Premiere und E-Plus, telefonierte mit aufgebrachten Kunden, denen er im besten Fall dann auch noch ein Produkt andrehen musste.

taz.am wochenende: Herr Böttger, im Kundenservice muss man sich einiges anhören und trotzdem freundlich bleiben. Wie machen Sie das?

Mirko Böttger: Man weiß ja, dass viele Leute erst mal fünf Minuten ihren Frust loswerden müssen, dann geht es meist auch wieder. Letztlich sind wir aber unterbezahlte Psychologen, gerade in den Nachtschichten, wenn die Lonelyhearts anrufen.

Haben Sie schon mal einfach aufgelegt?

Ich bin sehr geduldig und bemüht, Konflikte zu lösen. Das ist eine Voraussetzung für den Job. Wenn man aber merkt, der andere will mich einfach nur beschimpfen, dann gibt es Floskeln wie „unter diesen Umständen spreche ich nicht weiter, bitte rufen Sie später wieder an“. Danach lege ich auf.

Lernt man Deeskalationsstrategien?

Erst mal zuhören, den Ärger auf den Kern des Problems, das Produkt, lenken und dort ansetzen. Bloß nicht „beruhigen Sie sich doch mal“ sagen.

Wurden Sie schon bedroht?

Ständig, aber das Telefon erlaubt ja eine gewisse Anonymität. Das macht wüste Beschimpfungen erträglicher. Irgendwann lernt man, dass man das alles nicht an sich ranlassen darf.

Lernt man auch Menschen kennen, die man dann privat trifft?

Das kann passieren. Manche Gespräche werden schnell sehr persönlich. Ich habe mich einmal über eine Stunde mit einer Frau unterhalten. Wir hatten dann jahrelang Mailkontakt.Getroffen haben wir uns nie.

Lachen Sie manchmal über seltsame Stimmen?

Über Dialekte schon. Bairisch ist anstrengend, die Saarländer klingen dafür witzig. Wir hatten aber im Büro eine Hitliste der schrägsten Namen.

Interview Lorenz Horn

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen