piwik no script img

Radio Bremen sagt Präsentation Xavier Naidoos ab

Musik Der Sender will zwei Konzerte des Sängers nun doch nicht bewerben. Die ehemalige Grünen-Politikerin Antje Vollmer kritisiert das scharf

„Passagen von ‚Marionetten‘ hören sich nach rechtem Gedankengut an“

Bremen-Vier-Chef Helge Haas

Der Sender Radio Bremen hat sich von Xavier Naidoo und der Band „Die Söhne Mannheims“ distanziert, weil es aufgrund deren Songs „Marionetten“ zu einer bundesweiten Diskussion um die Künstler gekommen ist. Naidoo wird vorgeworfen, mit dem Lied Verschwörungstheorien und rechtes Gedankengut zu verbreiten.

Eigentlich wollte Bremen Vier ein Konzert der Söhne Mannheims am kommenden Sonnabend und ein weiteres Konzert von Xavier Naidoo im Dezember präsentieren. „Nun haben wir uns entschieden, die Kooperation zu canceln“, schrieb Bremen-Vier-Chef Helge Haas auf der Internetseite des Senders. Das ist ungewöhnlich. So hieß es etwa von Seiten des NDR, die Presseabteilung könne sich „an keinen vergleichbaren Fall in den vergangenen Jahren erinnern“.

Absagen von Präsentationsanfragen gebe es „dauernd, allerdings normalerweise im Vorfeld“, sagte Haas. Bei Xavier Naidoo und den Söhnen Mannheims habe es zwischen der Zusage der Präsentation und dem jetzigen Zeitpunkt eine Entwicklung gegeben, „die immer weiter in eine Richtung geht, die nicht den Werten des Senders entspricht“, stellte Haas fest. Dies werde dadurch deutlich, dass Naidoo, obwohl er sich bereits in der Vergangenheit von den rechtsextremen Reichsbürgern habe distanzieren müssen, nun mit Texten wie dem von Marionetten provoziere.

Antje Vollmer, ehemalige Grünen-Politikerin, kritisierte die Haltung Radio Bremens scharf. Sie finde das „Einknicken des Senders peinlich“, sagte sie der taz. Sie halte Xavier Naidoo für einen Pazifisten und unterstütze „Künstler wie ihn, die solchen Repressionen ausgesetzt“ seien. Unter derlei Umständen „hätten sich Rainer Werner Fassbinder und Jim Morrison nicht halten können“, fügte sie hinzu. Vollmer setzte sich bereits 2015 im Rahmen der Kampagne „Menschen für Xavier Naidoo“ für dessen Teilnahme am Eurovision Song Contest ein.

Bremen-Vier-Chef Haas nannte das Lied „im besten Falle sehr missverständlich“ und stellte fest, einige Passagen hörten sich verdächtig nach rechtem Gedankengut an. Es befeuere Verschwörungstheorien und nehme mehrfach Bezug auf Theorien der Reichsbürger und der Rechtspopulisten. „Und zwar in einer Art, die man kaum anders verstehen kann, als dass dies die Meinung von Xavier Naidoo ist und er nicht nur darüber singt“, sagte Haas weiter.

Außerdem rufe das Stück zur Selbstjustiz auf und verneine im Kern die Unabhängigkeit demokratisch gewählter Parlamente. In Marionetten würden Politiker als „Hoch- und Volksverräter“ bezeichnet und es werde zu Gewalt aufgerufen: „Wenn ich so einen in die Finger krieg, dann reiß ich ihn in Fetzen“, lautet etwa eine Zeile.

Gleichzeitig unterstrich Haas die hohe Achtung des Senders vor der künstlerischen Freiheit. „Wir boykottieren die Söhne Mannheims nicht“, sagte er der taz. Die Konzerte würden trotzdem stattfinden. Dennoch sei der Song Marionetten im Ganzen so weit von den Werten des Senders entfernt, „dass wir diese Künstler und ihre Konzerte nicht präsentieren wollen“, sagte Haas. Lena Eckert

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen