piwik no script img

Pfiffe und Beifall für „Leitkultur-Thesen“

Integration Selbst Unions-Politiker reiben sich an den Forderungen von Innenminister de Maizière

BERLIN epd | Die Thesen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zu einer deutschen Leitkultur sorgen weiter für heftige Diskussionen – auch in seiner eigenen Partei. Während CSU-Vertreter und der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Armin Laschet de Maizières Beitrag verteidigten, kritisierte der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz seinen Parteikollegen. Man solle für eine Kultur des Zusammenlebens werben, sagte er am Dienstag im Deutschlandfunk. Den Begriff „Leitkultur“ lehnte er aber ab, „weil er in eine vielfältige, bunte, vor allem pluralistische Gesellschaft, eine freiheitliche Gesellschaft nicht passt“.

Polenz sagte, die Thesen seien „auch nicht ganz ungefährlich“. Wer eine Leitkultur behaupte, müsse auch fragen, wie das zur kulturellen Vielfalt stehe, „die wir faktisch in unserem Land haben“.

De Maizière hatte in seinem in der Bild am Sonntag veröffentlichten Beitrag geschrieben, er verstehe unter dem Begriff Leitkultur eine „Richtschnur des Zusammenlebens“.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) verteidigte de Maizière. „Bundesinnenminister de Maizière hat recht, die Notwendigkeit einer deutschen Leitkultur hervorzuheben“, sagte er der Welt und ergänzte: „Wir brauchen aber nicht nur Worte, sondern auch eine klare Umsetzung: Wer sich als Zuwanderer nicht in Deutschland integrieren will, muss in letzter Konsequenz unser Land verlassen.“

Manfred Weber, stellvertretender CSU-Vorsitzender und EVP-Fraktionschef im Europäischen Parlament, bezeichnete die Leitkulturdebatte in Passauer Neuen Presse als „überfällig“.

Kritik an den Leitkultur-Thesen kam weiter aus anderen Parteien. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sagte der Süddeutschen Zeitung: „Die deutsche Leitkultur ist Freiheit, Gerechtigkeit und ein gutes Miteinander, so wie es im Grundgesetz steht.“ Der Minister habe eine „Scheindebatte“ angestoßen. Die Linkenpolitikerin Ulla Jelp­ke warf de Mai­zière vor, Millionen Zuwanderer mit eigener kultureller und geschichtlicher ­Erfahrung vor den Kopf zu stoßen.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), sprach von „hilflosen Benimmregeln“ des Innenministers.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen