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„Die hässliche Seite der Modeindustrie“

Kleidung Was ein Gewinner des Wettbewerbs „Spitze Nadel“ mit dem Preisgeld unternommen hat

Foto: privat
Andreas Roschlau

Der 50-Jährige betreut die Evangelische Jugend Bad Honnef. Das Inkota-Netzwerk verleiht den Preis auch 2017 an Gruppen, die Arbeitsbedingungen in Textilfabriken kritisieren.

taz: Herr Roschlau, wofür haben Sie 2016 den Preis bekommen?

Andreas Roschlau: Wir haben mit Jugendlichen einen Stand gebaut, an dem Schaufensterpuppen mit Markenkleidung stehen. Dahinter ist ein kleiner und warmer Raum, der mit Neonlicht beleuchtet wird. An den Wänden hängen großflächige Bilder von Näherinnen in Fabriken und wir spielen originale Geräusche aus einer Nähfabrik ab. Wir wollen die Leute emo­tio­nal berühren. Und es gibt eine Station, an der man ein öko-faires Shirt selbst bedrucken kann. Das Handymotiv mit dem Spruch „Bessere Welt ruft an – annehmen oder ablehnen“ ist am beliebtesten.

Aber macht das die Welt wirklich besser?

Zumindest werden Jugendliche auf den Weg gebracht, die Welt besser zu machen. Wir bieten an dem Stand auch Infomaterialien zu Herstellern an, die zu guten Arbeitsbedingungen Kleidung produzieren. Die Besucher sollen hinter das schöne Schaufenster der Modeindustrie schauen können und auch die hässliche Seite erleben. Insbesondere Jugendliche sollen ermutigt werden, dass sie Veränderungen in der Welt selbst beeinflussen können.

Was hat die Gruppe mit den 2.000 Euro Preisgeld gemacht?

Wir haben neue Schaufensterpuppen gekauft, die auch Köpfe haben und einen größeren Bildschirm. Darauf zeigen wir die Dokumentation „Der Preis der Blue Jeans“, die auf Umweltzerstörung und schlechte Arbeitsbedingungen in der Jeansproduktion hinweist.

Und wenn jemand nicht genug Geld für die ethisch korrekte Kleidung hat?

Dann gibt es auch noch Kleidertauschpartys und Second-Hand-Läden. Die Leute sollen auch die Menge ihres Kleiderkonsums kritisch hinterfragen. Nachhaltiger Konsum ist auch weniger Konsum.

Wo kann ich die Nähfabrik-Atmosphäre erleben?

Beim Kirchentag im Mai in Berlin oder auf Youtube.

Interview Sara Mierzwa

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