: Duisburger Loveparade geht nun doch vor Gericht
StrafrechtOberlandesgericht Düsseldorf: Planungsfehler waren Ursache für Massenpanik
Bei der Loveparade im Juli 2010 starben in Duisburg 21 Menschen in einer Massenpanik, mehr als 500 wurden verletzt. Nach langer Prüfung klagte die Staatsanwaltschaft schließlich sechs Mitarbeiter der Duisburger Stadtverwaltung und vier Beschäftigte des Veranstalters wegen fahrlässiger Tötung an. Ihnen werden Planungsfehler vorgeworfen.
Dann lehnte aber das Landgericht Duisburg im März 2016 die Zulassung der Anklage ab. Eine Verurteilung auf Grundlage der vorliegenden Beweismittel sei nicht wahrscheinlich, hieß es. Doch Staatsanwaltschaft und Nebenkläger legten Rechtsmittel ein. Mit Erfolg.
Die OLG-Richter gehen davon aus, dass die „unzureichende Dimensionierung des Zu- und Abgangsystems und die mangelnde Durchflusskapazität“ zu einer „extremen Menschenverdichtung“ im Bereich der Rampe Ost des Veranstaltungsgeländes führte. 21 Besucher seien „aufgrund massiver Brustkompressionen“ erstickt. Dass die Sorgfaltspflichtverletzung der Angeklagten für die Todes- und Verletzungsfälle ursächlich waren, „dränge sich nach dem Ermittlungsgebnis auf“, sagte OLG-Präsidentin Anne-José Paulsen.
Die Anklage hatte sich wesentlich auf ein Gutachten des britischen Panikforschers Keith Still gestützt. Das Gutachten war vom Landgericht aber als „nicht verwertbar“ abgelehnt worden. Unter anderem habe Still den Eindruck der Befangenheit erweckt, weil er in einer Vorlesung erklärte, die Kapazitätsberechnung bei Großveranstaltungen sei „einfachste Mathematik“, die sogar sein vierjähriger Sohn beherrsche. Damit habe Still, so die OLG-Richter, nicht die Angeklagten herabwürdigen wollen, vielmehr wollte er nur die Aufmerksamkeit seines Uni-Publikums hochhalten.
Der Prozess wird nun vor einer anderen Kammer des Duisburger Landgerichts stattfinden. Der Termin steht noch nicht fest.
Christian Rath
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