Schonfrist für Salafisten

Prozess Zwölf Unterstützer der verbotenen salafistischen Gruppierung „Millatu Ibrahim“ müssen sich vor dem Landgericht Hamburg verantworten

Kaum hatte der gestrige Prozess­auftakt gegen die mutmaßlichen Mitglieder des salafistischen Vereins „Millatu Ibrahim“ begonnen, so war er auch schon wieder vorbei. Nachdem der Vorsitzende Richter Schurz die Anwesenheit der zwölf Angeklagten festgestellt hatte, reichten zehn ihrer Anwälte bereits den Antrag auf Unterbrechung der Hauptverhandlung ein: zu spät seien die Listen zur Besetzung der Richter eingegangen.

Damit verschiebt sich die Eröffnung der Hauptverhandlung um eine Woche. Die Angeklagten wirkten verwirrt: „Hilft uns das jetzt?“, fragt einer der jungen Männer mit langem Bart und schützend ins Gesicht gezogener Kapuze einen der Mitbeschuldigten auf dem Weg aus dem Gericht.

Die Männer sind angeklagt, weil sie den salafistischen Verein Millatu Ibrahim über dessen Verbot im Jahr 2012 hinaus fortgeführt haben sollen. Der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) verbot die Vereinigung, nach dem ihre Mitglieder bei gewaltsamen Ausschreitungen am 1. Mai in Solingen die Wortführerschaft übernommen haben sollen. Es war das erste offizielle Verbot eines salafistischen Vereins in Deutschland. Friedrich warf den Mitgliedern vor, sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung zu richten und mit einer kämpferischen Grundhaltung vorzugehen.

Konkret vorgeworfen werden den Angeklagten in Hamburg, als Verein Treffen in Hinterhofmoscheen abgehalten und den Koran in der Fußgängerzone verteilt zu haben. Der Beschuldigte Slim K. gilt als einer ihrer Anführer. Nach Berichten des NDR soll er eine Fahrt zu einer Lübecker Moschee organisiert haben, um dort andere Muslime für ihre Idee gewinnen zu wollen – unter Androhung eines „heiligen Krieg“ in ihrer Moschee.

Die Schlüsselfiguren des Vereins, der Österreicher Mohamed Mahmoud und der Berliner Gangster-Rapper Denis Cuspert, tauchten indes schon vor der Razzia vor fünf Jahren ins Ausland ab: Cuspert kämpft inzwischen in Syrien für den „IS“, wird nach einem Auftritt in einem Enthauptungsvideo als Terrorist gesucht.

Im Prozess gegen ihre Anhänger soll ein Urteil erst im Dezember fallen. muka