Michael Ballhaus
: Der populäre Kameramann

Kameramänner sind selten wirklich populär. Bei Michael Ballhaus war das anders. Selbst wer nur gelegentlich ins Kino geht, wird staunend feststellen, wie oft, wenn etwas ins Auge fiel, Michael Ballhaus dafür verantwortlich war. Mit anderen Worten: Der nun im Alter von 81 Jahren Verstorbene nimmt in der Filmarbeiterchronik einen ähnlichen Platz ein wie die Impres­sio­nisten in der Kunstgeschichte: jeder mag ihn, und selbst Laien können über seine Techniken sprechen.

Da wäre zum Beispiel der „Copa-Shot“ aus Scorseses „Goodfellas“, eine der berühmtesten ungeschnittenen Einstellungen mit beweglicher Kamera: Ray Liottas Henry führt seine Karen (Lorraine Bracco) aus; sie überqueren die Straße, steigen den Kellereingang des „Copacobana“ hinunter, laufen durch Flure und Küchenräume und kommen schließlich im dicht besetzten Club-Raum an, wo ihnen ein Kellner schnell einen Tisch zurechtstellt. Bei alldem folgt ihnen die Kamera – die technischen Credits gehen hier an den Steadicam-Operateur Larry McConkey – als unaufdringlicher Begleiter, fast wie eine weitere der unzähligen Personen, die Henry hier rechts und links begrüßt und mit Trinkgeldern bedenkt. Und genau das ist so bezeichnend: Berühmt ist die Szene nicht (nur) wegen ihrer technischen Meisterschaft, sondern wegen ihres Sinns fürs Erzählerische. Man erfährt über diesen Henry, sein Selbstbild und seine Stellung in der Welt ungeheuer viel in diesen knapp zweieinhalb Minuten.

Fast noch bekannter ist Ballhaus’ 360-Grad-Schwenk in Fassbinders „Martha“. Da dreht sich die Kamera um Margit Carstensen und Karlheinz Böhm, die sich gleichzeitig um sich drehen. Es ist schwindelerregend und hat, wie man so sagt, Schule gemacht. Und Ballhaus den Ruf eingebracht, Meister der beweglichen Kamera zu sein. Dabei hat er selbst Wert darauf gelegt, keine Handschrift zu haben, sondern die Arbeit dem jeweiligen Film anzupassen. In „Zeit der Unschuld“ etwa, einer weiteren seiner grandiosen Kooperationen mit Scorsese, ist die Bildrahmung mindestens so wichtig, wie es die Schwenks sind: Daniel Day-Lewis’ Archer kerkert Ballhaus mittels zweier rahmender Tischkerzen förmlich in sein Leben ein.

Wie Ballhaus Filmfiguren und Räume zusammenbringen konnte, kann man wunderbar auch an den eher missachteten Werken seiner Filmografie nachvollziehen: Etwa wie in „Working Girl“ die aufmüpfige Melanie Griffith sich aus dem Großraumbüro herausarbeitet. Und ja, nicht zuletzt, wie Harrison Ford als US-Präsident im Flugzeug auf Terroristenjagd geht in Wolfgang Petersens „Air Force One“. Barbara Schweizerhof