: Drei Runden müssen reichen für den Sieg
KAMPFSPORT Mit den Giants hat Hamburg einen Amateurboxclub in der Bundesliga. Geboxt wird in einer Schulturnhalle. Gegen einen der Gründer wird wegen Missbrauchs Schutzbefohlener ermittelt
„Eddy“ atmet schwer. Zwei Runden hat der Faustkämpfer der Hamburg Giants schon bestritten. Und jetzt sitzt er da, auf einem Hocker in seiner Ring-ecke, und ist dankbar für etwas Abkühlung. Sein Trainer Anatoli Hoppe, ein Bär von einem Mann, sorgt dafür, indem er das Handtuch in seiner Hand unentwegt kreisen lässt, während er seinem Schützling taktische Vorgaben für die letzte Runde gibt. Luft strömt Edison Zani, den alle nur „Eddy“ rufen, ins schweißnasse Gesicht.
Im Amateurboxen gibt es kein langes Taktieren. Es bleiben ja nur drei Runden à drei Minuten – und dann wird alles gegeben, was in einem steckt. Bei Profis gehen Kämpfe über mehr Runden, häufig über zwölf. Aber bei den Berufsboxern ist auch mehr Glamour als hier beim Bundesliga-Neuling Hamburg Giants.
Geboxt wird in einer betagten Schulhalle im Stadtteil Hamm. Eigentlich sollten die Kampfabende in einer größeren Halle in Wandsbek stattfinden, aber dort war die Miete auch höher.
Zum Kampfabend gegen den UBV 1948 Schwedt sind annähernd 1.000 Zuschauer gekommen, zu etwa 70 Prozent sind sie männlich. Rund um den Ring sind Stuhlreihen aufgebaut, dahinter Bänke, wie man sie aus dem Schulsport kennt. „Eddy“ gewinnt seinen Kampf, und Hamburg später das Duell mit Schwedt. Das Publikum ist begeistert, johlt.
Dass die Giants überhaupt in der Bundesliga dabei sind, kam überraschend. Eigentlich wollten die Cousins Raiko und Christian Morales mit einem Etat von rund 80.000 Euro in die Zweite Liga einsteigen. Da aber der Deutsche Boxsport-Verband beschloss, dass es in der Saison 2016/17 nur eine in zwei Staffeln geteilte Erste Bundesliga geben wird, starteten die beiden Mecklenburger mit den „Giganten“ sofort in der Eliteliga.
Vor dem Auftakt gab es schlechte Nachrichten. Das Hamburger Abendblatt berichtete, dass gegen Christian Morales, der auch als Sportdirektor und Landestrainer beim Hamburger Amateurbox-Verband (HABV) tätig war, eine Strafanzeige wegen Missbrauchs Schutzbefohlener vorliege. Er wurde beim HABV von seinen Ämtern entbunden, bei den Giants trat er von seinem Teammanager-Posten zurück.
„Das ist ein schwebendes Verfahren“, sagte Cousin Raiko Morales am Rande des Kampfabends gegen Schwedt. Dass es mit den Hamburg Giants eine Fortsetzung geben werde, stehe für ihn außer Frage. Dabei verlief die Premierensaison in der Bundesliga in wirtschaftlicher Hinsicht nicht so wie erhofft. Vor zwei Monaten haben die Giants bei einem Kreditinstitut um eine Aufstockung des Investitionsbudgets gebeten.
Raiko Morales sagte zur wirtschaftlichen Lage nur, dass „wir uns in der Investitionsphase befinden“. Die Suche nach Sponsoren sei schwierig. Es gehe erst einmal darum, die Giants zu positionieren. „In der dritten Saison soll es damit vorbei sein, dass wir dabei draufzahlen“, kündigte er an. In sportlicher Hinsicht haben sich die Giants gut geschlagen. Sie wurden in der vier Teams umfassenden Nord-Staffel Zweiter. GÖR
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