Sonderermittler über Fall Amri: Kein Versagen – in NRW

Der von der Landesregierung eingesetzte Gutachter entlastet NRW-Behörden im Fall Anis Amri. CDU zweifelt an der Unabhänigkeit des Mannes.

Ein Sattelschlepper steht zwischen den Trümmern von Weihnachtsmarktbuden

Anschlag: Anis Amri fuhr mit einem Lkw über den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz Foto: dpa

BERLIN taz/dpa | Haben die Behörden im Fall Anis Amri, dem Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz, versagt? Wer sich in den vergangenen drei Monaten auf die Suche nach einer Antwort auf diese Frage begab, wurde gern von einer Behörde auf die andere verwiesen. Dieses Hin- und Hergeschiebe geht jetzt in eine neue Runde.

Der Sonderermittler, den die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) eingesetzt hat, stellt keine wesentlichen Versäumnisse der Behörden in NRW fest. Erhebliche Mängel, die den Anschlag Amris ermöglicht hätten, habe er nicht entdeckt, berichtete Bernhard Kretschmer am Montag in der Düsseldorfer Staatskanzlei. „Da ist nichts, womit man ihn strafrechtlich hätte fassen können.“ Die Behörden aber hätten es versucht.

Kretschmer, der in Gießen Jura lehrt, hatte die strafrechtliche, aufenthaltsrechtliche und polizeiliche Beurteilung durch die Behörden in NRW untersucht. Der Professor betonte, die wesentlichen Erkenntnisse gegen Amri hätten aus verdeckten Ermittlungen gestammt. Die Verwendung für ausländerrechtliche Zwecke sei vom Generalbundesanwalt in Karlsruhe untersagt gewesen. „Das war im Nachhinein vielleicht falsch, aber damals durchaus wohlerwogen.“

Auch sei Amri, weil sein Asylantrag abgelehnt worden war, ohnehin ausreisepflichtig gewesen. Tunesien habe aber lange behauptet, ihn nicht zu kennen. Letztlich hätte er ohne Ausweispapiere nicht in Abschiebehaft genommen werden können.

Falls es Fehler gab, dann in Karlsruhe oder Berlin

Auch seine Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht seien nach geltender Rechtsprechung nicht ausreichend gewesen, ihn in Haft zu nehmen, so Kretschmer. In Berlin sei Amri dann als weniger gefährlich eingeschätzt worden, was, „wie wir wissen, leider fatal war“. Das kann man auch so verstehen: Wenn Fehler gemacht wurden, dann nicht in NRW – sondern in Karlsruhe oder Berlin.

Amri hatte im Dezember einen Sattelschlepper auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz gesteuert und dabei zwölf Menschen getötet. Die Polizei in NRW kannte ihn, er war als islamistischer „Gefährder“ eingestuft.

Die CDU hatte schon vor dem Bericht des Gutachters dessen Unabhängigkeit angezweifelt, weil Kretschmer über einen Wechsel an die Uni Bielefeld verhandelt. Neuer Dienstherr wäre dann das Land NRW. Im Untersuchungsausschuss, der im Düsseldorfer Landtag ebenfalls den Fall Amri untersucht, muss am Mittwoch unter anderem Innenminister Ralf Jäger (SPD) aussagen.

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