: Clubmusiktauglicher Handelsstreit
InfokonzertDaniel Mburu Muhuni, Sven Kacirek und Agnieszka Krzeminska mit „EPA turned into music“ im Roten Salon
Zuerst die Erklärung einiger Buchstabenkombinationen, für die Sichtung der Sachlage: EPA steht für Economic Partnership Agreement, bei der AKP-Gruppe hat man es mit einem Zusammenschluss von afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten zu tun, derzeit 79 Länder, zumeist frühere Kolonien Frankreichs und Großbritanniens. Das Kürzel EU darf man als bekannt voraussetzen.
Seit etlichen Jahren verhandelt nun die EU mit den AKP-Staaten über ein Freihandelsabkommen. Der Vertrag sieht vor, dass die afrikanischen Staaten ihre Märkte weitgehend, zu über 80 Prozent, für europäische Produkte öffnen sollen. Als Kenias Präsident sich weigerte, den Vertrag zu unterzeichnen, erhöhte die EU die Importzölle auf kenianische Schnittblumen, Bohnen und Kaffee. Als die Blumenindustrie die Auswirkungen zu spüren bekam, knickte die Regierung ein und unterzeichnete den Vertrag.
Und das jetzt als Musik.
Weil mit Musik doch alles leichter gehen soll. Vielleicht sogar die Vermittlung ansonsten sperriger Themen, für die man außerdem erst eine Öffentlichkeit schaffen will. Den Streit um die Handelsabkommen TTIP oder Ceta kennt man, EPA eher nicht. Für eine breitere Bekanntheit sorgen wollen Daniel Mburu Muhuni, Sven Kacirek und Agnieszka Krzeminska mit einem Projekt, für das sie im November vergangenen Jahres Interviews mit kenianischen Farmern, Ökonomen und Politikern geführt haben, als Grundlage für musikalische Kompositionen, um ihre dann über die Musik vermittelten Recherchen in die Öffentlichkeit zu spielen.
Ende dieses Jahres sollen diese Stücke auf einem Album erscheinen. Das Konzert der drei am Montagabend im Roten Salon war also ein Zwischenbericht von einem Prozess, der noch work in progress ist.
Das Prinzip der Musikalisierung allerdings wurde doch offengelegt an dem Abend. Und eigentlich hörte sich der Streit um EPA so ganz schick an. Kacirek, der auch mit Musikern wie Stefan Schneider von To Rococo Rot zusammenarbeitet, und Muhuni spielten mit einem kleinen Sortiment an afrikanischen Perkussionsinstrumenten, Marimba, Tröten, einem reduzierten Schlagzeugset und Elektronik eine sacht groovende Musik, als visuellen Anteil steuerte Krzeminska Bilder von Äckern oder Wellblechhütten bei. Zwischendurch mischte sich die Musik mit Zusammenschnitten aus den Interviews, was sich zu einer fast clubmusiktauglichen Klang-Text-Tapete fügte. Nur manchmal schälten sich so Ausrufezeichensätze raus wie: „They can‘t be trusted.“
Ein wirkliches Gefühl aber für EPA und die Probleme vermittelte das alles nicht. Es war mehr ein Sammelsurium, keine wirkliche Verdichtung. Musik und Text liefen brav parallel, ohne eine gegenseitige Durchdringung. Kaum Irritationen. Keine Pointierung.
Als musikalisches Beispiel einer sich auch als politisch verstehenden Kunst scheint das Projekt also weniger ergiebig. Was aber vielleicht gar nicht die eigentliche Intention der drei ist mit ihrem „EPA turned into music“-Projekt. Weil es ihnen primär ja darum geht, überhaupt erst eine Reichweite für das Thema zu schaffen. Was durchaus erfolgreich sein kann. Schon dieser Text hier ist ein Beweis dafür. Oder hätten Sie, ihn gerade lesend, gewusst, worum es sich bei EPA und den AKP-Staaten handelt? Thomas Mauch
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