Nachwahl in Großbritannien: Labour und UKIP abgewatscht

Die Labour-Opposition verliert den Atomwahlkreis Copeland an die Konservativen. Im Arbeiterwahlkreis Stoke Central behauptet sie sich gegen UKIP.

Zwei Frauen, Harrison und Troughton

Copeland: die konservative Wahlsiegerin Harrison (rechts) mit Labour-Kandidatin Troughton Foto: reuters

BERLIN taz | Die oppositionelle Labour-Partei in Großbritannien hat eine peinliche Wahlniederlage erlitten. Bei einer Nachwahl am Donnerstag zum Unterhaussitz Copeland, Zentrum der britischen Atomindustrie, siegten die regierenden Konservativen. Copeland beziehungsweise der Vorgängerwahlkreis Whitehaven war seit 1935 ein Labour-Wahlkreis gewesen; hier liegt die atomare Wiederaufbereitungsanlage Sellafield, Herz der britischen Atomindustrie.

Die Tory-Kandidatin Trudy Harrison gewann den Sitz mit 44,3 Prozent der Stimmen; der Labour-Kandidat kam auf 37,3 Prozent. Bei den Parlamentswahlen 2015 hatte Labour den Wahlkreis noch mit 42,3 Prozent gegen 35,8 Prozent für die Konservativen gehalten. Der damalige Labur-Wahlsieger Jamie Reed war Ende 2016 in die Atomindustrie gewechselt, was die Nachwahl nötig machte.

Es ist das erste Mal seit 1982, dass bei einer Nachwahl zum britischen Unterhaus eine Regierungspartei der Opposition einen Sitz abnimmt. Normalerweise sind Nachwahlen Anlässe, die Opposition zu stärken. Der Stimmenzuwachs der Konservativen ist auch der höchste einer Regierungspartei bei einer Nachwahl seit 1966. Wahlsiegerin Harrison sprach von einem „historischen Ereignis“.

Andere Parteien spielten in Copeland kaum eine Rolle. Auf dem dritten Platz lagen die Liberaldemokraten (7,2 Prozent), gefolgt von den Rechtspopulisten von UKIP, die mit 6,5 Prozent zwei Drittel ihrer Stimmen von 2015 einbüßten. Die Grünen, einzige Atomkraftgegner in diesem Wahlkreis, kamen auf magere 1,7 Prozent.

UKIP scheitert in Stoke-on-Trent

Bei der anderen Nachwahl im zentralenglischen Wahlkreis Stoke Central scheiterte UKIP mit dem Versuch, erstmals Labour ein Direktmandat abzujagen. Der neue UKIP-Chef Paul Nuttall, der vergangenes Jahr die Nachfolge von Nigel Farage angetreten hatte, holte lediglich 24,7 Prozent, ein Zuwachs von gerade mal 2,1 Prozent gegenüber der Parlamentswahl 2015.

Labour hielt Stoke Central mit 37,1 Prozent, 2,2 Prozent weniger als 2015. Überraschend war, dass auch hier die regierenden Konservativen zulegten und mit 24,3 Prozent UKIP fast vom zweiten Platz verdrängten. In der öffentlichen Wahrnehmung war diese Wahl ein Zweikampf zwischen Labour und UKIP gewesen. Deutliche Zugewinne machten auch die Liberaldemokraten, die sich um 5,7 Prozent auf 9,8 verbesserten.

Viele Männer

Labour Wahlsieger Snell (2. von links) und UKIP-Wahlverlierer Nuttall (Mitte, mit Brille) Foto: reuters

Der Liberale Zulfiqar Ali war der einzige Kandidat in Stoke Central, der sich auch in Wählerstimmen gerechnet gegenüber 2015 steigerte. Labour, deren bisheriger Wahlkreisabgeordneter Tristram Hunt Ende 2016 sein Mandat niedergelegt hatte und jetzt das Victoria & Albert Museum in London leitet, büßte mit dem neuen Abgeordneten Gareth Snell mehr als ein Drittel der Stimmen von 2015 ein. Die Wahlbeteiligung in Stoke Central erreichte lediglich 38,2 Prozent.

UKIP-Führer Nuttall lehnte einen Rücktritt nach der Wahlschlappe ab. Die Niederlage sei darauf zurückzuführen, dass „wir einfach nicht genug Stimmen erhielten“, sagte er.

Wahlsieger: Theresa May sowie die Liberalen

Britische Kommentatoren werten die beiden Nachwahlen vor allem als Erfolg für die konservative Premierministerin Theresa May. Sie profitiere gleichzeitig von der Schwäche des Labour-Chefs Jeremy Corbyn als auch von der Wahrnehmung, dass nach dem Brexit-Referendum UKIP nicht mehr so wichtig ist wie früher. May schaffe es, das rechte Lager wieder zu vereinen, während Labour das auf der Linken nicht gelinge.

„Labours armseliger Zustand heutzutage zeigt sich daran, dass die Partei darüber erleichtert ist, nur einen von zwei ihrer langjährigen Hochburgen verloren zu haben“, schrieb ein Kommentator der Wochenzeitung Economist. UKIP sei darüberhinaus ein klarer Verlierer dieses Wahlabends, und neben den Konservativen seien die Liberaldemokraten klare Gewinner.

Die Liberaldemokraten sind die einzige große Partei neben den schottischen Nationalisten, die einen klaren Anti-Brexit-Kurs verfolgen. Damit holen sie regelmäßig Stimmen von EU-freundlichen bisherigen Tory- oder Labour-Wählern.

Bei drei Nachwahlen auf kommunaler Ebene, die ebenfalls am Donnerstag stattfanden, nahmen die Liberalen den Konservativen zwei kommunale Mandate im Süden Englands ab. Von 22 kommunalen Nachwahlen dieses Jahr haben die Liberaldemokraten damit 9 gewonnen – sechsmal davon in bisher konservativen Wahlbezirken und zweimal in bisherigen Labour-Wahlbezirken.

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