: Aufräumen bei Solarworld
ENERGIE Statt zwei Typen von Solarzellen gibt es künftig im Konzern nur noch einen. Und in den kommenden zwei Jahren sollen insgesamt 400 Stellen gestrichen werden. Alles in der Hoffnung auf eine positive Bilanz im Jahr 2019
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von Bernward Janzing
Im weiteren Verlauf kommt der Solarunternehmer dann auf den Punkt: Solarworld wird die Zellfertigung im sächsischen Freiberg aufgeben, dafür am Standort aber die Modulfertigung ausbauen. Im thüringischen Arnstadt unterdessen wird umgekehrt die Modulproduktion stillgelegt und die Zellfertigung ausgedehnt. Auf diese Weise sollen in den kommenden zwei Jahren 400 Vollzeitstellen im Konzern gestrichen werden, ein Teil davon auch in der Verwaltung. Nur am dritten Produktionsstandort von Solarworld, im US-amerikanischen Hillsboro, ändert sich nicht viel.
3.300 Mitarbeiter beschäftigt Solarworld aktuell. Die IG Metall hat sich zu den Plänen noch nicht geäußert. Im Unternehmen sei der gewerkschaftliche Organisationsgrad der Mitarbeiter eher bescheiden, heißt es.
Der Umbau im Konzern bedeutet zugleich die Konzentration auf nur noch eine Art von Zellen, wo bisher zwei produziert wurden. Solarworld fertigt und verbaut künftig ausschließlich monokristalline Solarzellen, die jeweils – wie der Name sagt – aus nur einem einzigen großen Siliziumkristall gesägt werden. Sie sind effizienter als die am Markt dominierenden multikristallinen Zellen, weil Kristallgrenzen stets der Stromausbeute schaden. Und so ist der Chef des Bonner Konzerns um große Worte nicht verlegen: Solarworld werde auch bei „zukünftigen Weiterentwicklungen, was Kosten und Leistung angeht, immer die Nase vorn haben“. Ob das auch irgendwann auf die Firmenbilanz durchschlägt?
Im Geschäftsjahr 2016 konnte Solarworld seinen Absatz zwar um 19 Prozent steigern, doch dieses Wachstum reichte nur für ein Umsatzplus von 5 Prozent auf 803 Millionen Euro. Es sank nämlich der Erlös pro Modul. Trotz seines Umsatzwachstums rutschte der Konzern weiter in die Miesen: Für 2016 blieb in der Bilanz ein Minus vor Zinsen und Steuern (Ebit) in Höhe von 99 Millionen Euro. Im Jahr zuvor hatte das Minus bei vergleichsweise geringen 4 Millionen Euro gelegen. Die liquiden Mittel gingen binnen einem Jahr von 189 auf 88 Millionen Euro zurück.
Um Geld in die Kasse zu bekommen, verkauft Solarworld die Hälfte seines Lithium-Förderprojektes im Erzgebirge an die kanadische Bacanora Minerals Ltd., die künftig alle finanziellen Investitionen in das Projekt übernehmen wird. Darüber hinaus haben die Kanadier die Option, innerhalb von 24 Monaten auch die übrigen 50 Prozent für einen Betrag im mittleren zweistelligen Millionenbereich zu erwerben.
Vor knapp einem Jahr hatte Asbeck in einem taz-Interview noch Optimismus verbreitet: „Solarworld wächst wieder, stellt wieder ein, und wir werden 2016 wieder schwarze Zahlen schreiben.“ Doch dann, auch das erklärt Asbeck nun auf der Firmenseite, sei die Branche „Mitte des Jahres kalt erwischt“ worden „durch die Entscheidung Chinas, den dortigen Markt faktisch zu beenden und die Überproduktion des Landes an Solarmodulen wieder komplett in den Export zu kanalisieren“.Das sei erneut unter Herstellungskosten passiert. In der Folge seien die Preise „in kürzester Zeit um 20 bis 30 Prozent“ gefallen. Der Bundesverband Solarwirtschaft bestätigt zwar einen Rückgang der Modulpreise, nennt aber geringere Zahlen. Der Rückgang im Jahr 2016 habe „je nach Technologie bei durchschnittlich 7 bis 10 Prozent“ gelegen. Aber die Entwicklung geht laut Verband weiter, es seien „gerade im Großanlagensegment die Einkaufspreise weiter unter Druck“.
Nun soll bei Solarworld die Konzentration auf die Mono-Zellen die Wende bringen. Diese werden fast ausschließlich im Gebäudesektor eingesetzt, wo es auf maximalen Ertrag pro Quadratmeter ankommt, während bei Großanlagen die billigeren Module dominieren. Und so peilt Solarworld nun „ein sichtbar positives Ebit“ für das Jahr 2019 an. Optimismus zu verbreiten war eben schon immer Asbecks Stärke.
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