piwik no script img

Bei den Demokraten siegt wieder die alte Garde

USAParteifunktionäre wählen Tom Perez zum Chef. Favorit der Linken, Keith Ellison, wird Vize

NEW YORK taz | Das alte Establishment hat sich wieder durchgesetzt. Während überall im Land eine radikaler gewordene linke Basis den Ton angibt, wählten die demokratischen ParteifunktionärInnen am Samstag in Atlanta den Favoriten der alten Riege zum neuen Parteichef. Der 55-jährige Tom Perez soll die DemokratInnen aus ihrem desolaten Zustand herausholen. Sie haben das Weiße Haus und den Senat verloren, sind im Repräsentantenhaus weiter in der Minderheit und stellen nur 16 der 50 GouverneurInnen.

Perez, Sohn von EinwandererInnen aus der Dominikanischen Republik, ist der erste Latino an der Spitze der Demokratischen Partei. Er bekam im zweiten Durchgang der Wahlen 235 Stimmen gegen 200 für Keith Ellison, den Favoriten der Linken. Auf die Verkündung von Perez’ Wahlsieg folgte ein langes Buh-Konzert in Atlanta, das erst verebbte, nachdem Perez in einer versöhnlichen Geste ankündigte, er werde Ellison zu seinem Vize machen. Ellison mahnte seine AnhängerInnen: „In unserem Land werden die Justiz und die Presse attackiert, auf jüdischen Friedhöfen finden Zerstörungen statt, und muslimische Kulturzentren werden angegriffen. Wir können uns keine Spaltung leisten.“

Der künftige Parteichef Perez war Arbeitsminister unter Barack Obama und galt als einer von Hillary Clintons Kandidaten für ihre Vizepräsidentschaft. In das Rennen um die demokratische Führung stieg er erst im Dezember ein, als es aussah, als könnte Ellison gewinnen. Der afroamerikanische Kongressabgeordnete aus Minnesota und erste demokratische Muslim im US-Kongress hatte seine Kandidatur für die Parteispitze schon wenige Tage nach dem Wahldebakel von Clinton im November erklärt. Er gewann die Unterstützung des demokratischen Bernie Sanders und der einflussreichen Parteilinken Elizabeth Warren.

Aber auch der New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio und der moderate demokratische Senator Chuck Schumer stellten sich auf Ellisons Seite. Ellison hatte in den Vorwahlen die Kandidatur von Bernie Sanders unterstützt, als Parteichef wollte er den Einfluss von MilliardärInnen und Wall Street auf die Partei kappen, und er schlug eine Wiederbelebung von historischen Allianzen zwischen der Demokratischen Partei und Gewerkschaften, aber auch Umwelt- und Friedensgruppen vor.

Einige große Geldgeber der Partei drohten mit ihrem Parteiaustritt, falls Ellison gewinnt. So versuchten sie, ihn mit einem Antisemitismusvorwurf mundtot zu machen. Ellison tritt für eine kritische Linie gegenüber der israelischen Regierung ein. Nach den Umfragen schien sein Sieg dennoch möglich. Doch im Hintergrund zog die alte Parteiführung die Strippen.

Tom Perez ist der erste Latino an der Spitze der Partei

Am Samstagabend, als enttäuschte Mitglieder des linken Flügels der Demokratischen Partei erneut ihren Austritt diskutierten, versuchte Sanders den Schaden zu begrenzen. „Der alte Trott geht nicht mehr“, sagte der demokratische Sozialist zu Perez. „Wir müssen die Partei für Arbeiter und junge Leute öffnen.“ Dorothea Hahn

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen