: Segeln ins Salpausselka-Stadion
SKI-WM „Es ist hammergeil“: Die DSV-Springer Andreas Wellinger und Markus Eisenbichlergewinnen auf der Normalschanze von Lahti Medaillen hinter dem Österreicher Stefan Kraft
aus Lahti Klaus-Eckhard Jost
Geteilte Freude ist doppelte Freude. Ausgelassen hüpften Andreas Wellinger und Markus Eisenbichler im Auslauf der kleinen Schanze im Salpausselka-Stadion umher. Silber und Bronze hatten die beiden Bayern gewonnen. „Es ist hammergeil“, sagte Wellinger, „und dass wir das zu zweit da oben genießen dürfen, ist umso schöner.“ Gegen den überragend springenden Österreicher Stefan Kraft hatten die beiden keine Chance. Dies sah auch Bundestrainer Werner Schuster so: „Beide haben einen tollen Wettkampf abgeliefert. Von Kraft geschlagen zu werden ist im Moment keine Schande.“
Dass sich der 21-jährige Wellinger eine Medaille holte, ist keine große Überraschung. Zumindest nicht nach seinen konstant guten Leistungen in den vergangenen Wochen. In acht von zehn Weltcupspringen hatte er es aufs Podium geschafft. Und auch wenn er sich nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Severin Freund öffentlich gegen die Führungsrolle im deutschen Team gesträubt hat, angenommen hat er sie trotzdem.
Überraschender war schon die Vorstellung von Eisenbichler. Der 25-Jährige ist eigentlich ein Spezialist für die großen Schanzen. Am Samstagabend wurde aber auf der kleinen 90-Meter-Schanze gesprungen. „Ausgerechnet auf der kleinen Schanze eine Medaille zu machen ist extrem befriedigend für mich“, sagte er. Dann drehte er sich mitten im Gespräch um und klatschte wieder seinen Teamkollegen ab, der gerade an ihm vorbeikam.
Dass sowohl Wellinger als auch Eisenbichler Bayern sind, ist nicht die einzige Parallele. Beide haben nach einem guten Start Rückschläge erlitten. 2014 hatte Wellinger Gold im Team bei den Olympischen Spielen gewonnen, im Herbst darauf war er schwer gestürzt. Zwei Jahre kämpfte er danach um den Anschluss und schaffte ihn endgültig in diesem Winter. „Es gibt immer Höhen und Tiefen“, sagte Wellinger und zeichnete im Schnelldurchgang seine Karriere nach: „Am Anfang ging es schnell bergauf, dann kam ein Tal.“
Markus Eisenbichlers Erkenntnis nach Misserfolgen in der Vergangenheit
Eisenbichler blockierte sich eher selbst, setzte sich zu sehr unter Druck. Heute kann er souverän darüber sprechen. „Man darf nicht so verbissen denken“, sagte er, „das habe ich vor zwei, drei Jahren getan.“ Dann hat ein Reifeprozess stattgefunden. „Ich springe Ski, weil ich es liebe“, sagte er sich und setzte sich auch ein Ziel: Nach einem Jahr im zweitklassigen Continentalcup schaffte er wieder den Sprung in die erste Liga. Sein Motto: „Ich hab mir gesagt: Ich mach einfach weiter. Entweder es funktioniert oder es funktioniert nicht.“
Als Sechster nach dem ersten Durchgang segelte Eisenbichler auf 100,5 Meter hinunter. Der weitesten Sprung der gesamten Konkurrenz. „Ich habe Markus hinterhergeschaut, den tollen Sprung gesehen und voll gefeiert“, erzählte Wellinger hinterher, „im zweiten Moment habe ich mir gedacht: Oh, jetzt muss ich mich selbst lang machen und schauen, wo ich bleibe.“ Auch er machte sich lang, sprang 100 Meter weit. „Mit meinem zweiten Sprung habe ich dem Stefan das Leben noch einmal schwer gemacht“, sagte er. Aber Kraft genügte ein 98-Meter-Satz zu Gold.
„Im zweiten Durchgang haben unsere Springer eine tolle Show geliefert“, freute sich Bundestrainer Werner Schuster, „es ist ein toller Erfolg für Andi Wellinger und Markus Eisenbichler, hier am Podium zu stehen.“ Das gute Abschneiden haben Richard Freitag als 9. und Stephan Leyhe auf Platz 13 vervollständigt. Und mit den zwei Medaillen im ersten Wettbewerb haben die Skispringer ihr Soll bei dieser WM zwar schon erfüllt, ihr Hunger nach weiterem Edelmetall ist jedoch noch lange nicht gestillt. Schließlich kann man als Sportler von solchen Momenten, wie sie Wellinger und Eisenbíchler erlebten, nicht genug bekommen. Klaus-Eckhard Jost
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