piwik no script img

Libanesin hat kein Recht auf Krieg

AUSREISE-VERBOT

Deutsche Behörden dürfen AusländerInnen, die im Verdacht stehen, mit Terrororganisationen zu sympathisieren, zumindest vorübergehend die Ausreise untersagen. Dies hat das Verwaltungsgericht Hannover am Mittwoch bekräftigt: Unter Vorsitz von Richter Martin Goos wies die 13. Kammer die Klage einer libanesischen Staatsbürgerin gegen eine von der Stadt Hildesheim erlassene Ausreiseuntersagung zurück. Es bestehe die Gefahr, dass sich die als Sympathisantin des Islamischen Staates (IS) geltende Klägerin „ins Kriegsgebiet in Syrien oder im Irak begibt“, sagte Goos bei der Urteilsbegründung.

Die 1986 in Beirut geborene Kaoukab el A. war mit ihren Eltern als Dreijährige in die Bundesrepublik gekommen. In Hildesheim unterstützte die Frau den Deutschsprachigen Islamkreis (DIK): In dessen Moschee, die ein Beamter des Landeskriminalamts vor Gericht als „Hotspot der radikalen Islamistenszene“ beschrieb, übernahm sie Küche und Kinderbetreuung. Ihr Lebensgefährte, mit dem sie nach islamischem Recht verheiratet ist und drei Kinder hat, soll zu den Gründungsmitgliedern gehören.

In den Schlagzeilen war die Moschee erst im November, als sie zeitgleich mit mehreren Wohnungen von der Polizei gestürmt wurde. Verhaftet wurde dabei Ahmad Abdelazziz A., genannt Abu Walaa. Ihm und vier weiteren Festgenommenen wird die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen: Nach Hasspredigten in der DIK-Moschee sollen immer wieder junge Männer nach Syrien gereist sein, um dort den IS zu unterstützen.

Der Anwalt von Kaoukab el A., der Berliner Jurist Tarig Elobied, argumentierte dagegen, die Stadt Hildesheim verwehre seiner Mandantin, die keine deutsche Staatsbürgerin ist, „ihre Heimat Libanon“ zu besuchen. Außerdem werde sie zum „Anhängsel“ ihres Lebensgefährten reduziert – dessen Nähe zu radikalen Islamisten war im Prozess immer wieder Thema.

Dennoch sei das zunächst nur bis März geltende Ausreiseverbot rechtens, urteilte das Verwaltungsgericht. Es könne vermutet werden, dass Kaoukab el A. den IS „zumindest logistisch“ unterstützen wolle – und wie im Aufenthalts- und Passgesetz für eine Ausreiseuntersagung gefordert, gefährde dies „erhebliche Belange der Bundesrepubik“. Außerdem diene das Ausreiseverbot der Frau und ihrer Kinder selbst – denn der IS suche immer neue „menschliche Schutzschilde“. wyp

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen