: Von der fahrlässigen Tötung zum Mord
Rechtslage Wer an illegalen Autorennen teilnimmt oder auch einfach nur rast, muss nun mit härteren Strafen rechnen
„Rennen mit Kraftfahrzeugen sind verboten“, heißt es in der Straßenverkehrsordnung. Dazu zählen auch informelle Rennen. Wer an einem solchen Rennen teilnimmt – verabredet oder spontan –, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss mit einem Bußgeld in Höhe von 400 Euro rechnen.
Sobald es dabei zu einer konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer kommt, liegt eine Straftat vor. Die „Gefährdung des Straßenverkehrs“ wird laut Strafgesetzbuch mit Geldstrafe oder Gefängnis bis zu fünf Jahren bedroht. Als mögliche Tathandlungen nennt das Gesetz die rücksichtslose Missachtung der Vorfahrt, falsches Überholen oder zu schnelles Fahren an unübersichtlichen Stellen.
Wenn bei einer rücksichtslosen Fahrt jemand stirbt, gilt dies zumindest als „fahrlässige Tötung“. Auch hier drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis oder Geldstrafe.
Früher kamen die Täter meist mit Bewährungsstrafen davon. Aber die Gerichte werden strenger. Das Landgericht Köln hat im Vorjahr einen 27-Jährigen zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Er war mit einem gemieteten BMW durch die Kölner Innenstadt gerast. Dabei hatte er einen Radfahrer erfasst, der drei Tage später starb. Der Bundesgerichtshof bestätigte das Urteil Ende 2016.
Ein neuer Trend in der Justiz ist es, bei Rasern keine fahrlässige Tötung, sondern ein vorsätzliches Tötungsdelikt anzunehmen. Dabei genügt bedingter Vorsatz, wenn die Täter den Tod von Passanten billigend in Kauf nehmen. Es ist also nicht erforderlich, dass die Raser gezielt Todesfälle anstreben. Bei Totschlag droht eine Haftstrafe von mindestens fünf Jahren.
In Frankfurt steht ein 22-Jähriger Auszubildender wegen Totschlags vor Gericht. Er war mit 140 Stundenkilometern bei Rot über eine Ampel gerast und hatte auf der Kreuzung einen anderen Pkw gerammt; dessen Fahrer starb. Der Lehrling bestritt, dass er an einem spontanen Rennen teilnahm.
Die Berliner Staatsanwaltschaft hat einen ähnlichen Vorfall sogar als Mord angeklagt. Zwei Männer, 24 und 27 Jahre alt, hätten sich nachts auf dem Kurfürstendamm ein Rennen geliefert, rote Ampeln ignorierten sie. Ein korrekt einbiegendes Fahrzeug wurde erfasst, dessen Fahrer starb. Die Staatsanwaltschaft nahm hier nicht nur Tötungsvorsatz an, sondern auch die Mordmerkmale „niedrige Beweggründe“ und Nutzung eines „gemeingefährlichen Mittels“. Auf Mord steht „lebenslange“ Freiheitsstrafe, also mindestens 15 Jahre Haft. Der Prozess hat im August begonnen. Wie das Berliner Landgericht entscheidet, ist noch offen. Es handelt sich um einen bundesweit beachteten Präzedenzfall. Auch die Anklage im Prozess gegen den Bremer Videoblogger „Alpi“, der mit seinem Motorrad einen Passanten tödlich verletzte, lautet auf Mord.
Unterdessen wird über eine Verschärfung der Gesetze diskutiert. Im September beschloss der Bundesrat auf Vorschlag von Nordrhein-Westfalen einen Gesetzentwurf. Danach soll im Strafgesetzbuch ein neuer Paragraph 315d die Teilnahme an „verbotenen Kraftfahrzeugrennen“ mit Freiheitsstrafe bis zwei Jahren oder mit Geldstrafe bedrohen. Auf Unfälle oder konkrete Gefährdungen käme es dabei nicht an. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat außerdem einen eigenen Gesetzentwurf zum gleichen Thema angekündigt, der allerdings noch abgestimmt werden muss.
Das Problem solcher Gesetzentwürfe: Dass ein Autorennen vorliegt, ist schwer zu beweisen. Oft treffen sich die Teilnehmer nachts ohne Verabredung an einschlägigen Ampeln und das „Stechen“ beginnt auf ein bloßes Handzeichen. Christian Rath
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