Worte zur Woche

Die Schauspielerin Meryl Streep, 67, hat vor einigen Tagen bei der ­Verleihung der „Golden Globes“ einen Preis für ihr Lebenswerk erhalten – und die Bühne genutzt, um vor Donald Trumps Amtseinführung am ­kommenden Freitag zu sagen, was zu sagen ist.Der Auftritt, auf den sich Streep ­bezieht, war eigentlich nicht dieses Jahr, sondern im November 2015. Foto: reuters

Die Aufgabe einer Schauspielerin ist es, sich in die Leben von Menschen hineinzuversetzen, die anders sind als wir, und das Publikum spüren zu lassen, wie sich das anfühlt. Es gab viele, viele, viele großartige Schauspielleistungen dieses Jahr, die das geschafft haben. Atemberaubende, leidenschaftliche Arbeiten. Aber es gab einen Auftritt dieses Jahr, der mich fassungslos gemacht hat. Er hat sich tief in mein Herz gegraben. Nicht weil er gut war; nichts daran war gut. Aber er war wirkungsvoll, er erreichte sein Ziel. Er brachte das Zielpublikum dazu, zu lachen und Zähne zu zeigen. Es war der Moment, als der Mensch, der sich um das am meisten respektierte Amt in diesem Land bewarb, einen Reporter mit Behinderung nachmachte. Jemanden, dem er in Privilegien, Macht und der Möglichkeit, sich zu wehren, überlegen war. Es brach mir das Herz, als ich das gesehen habe, und ich kriege die Szene nicht aus dem Kopf. Denn es war keine Filmszene. Es war das echte Leben. Dieser Instinkt, jemanden zu demütigen – ausgelebt von jemandem auf der öffentlichen Bühne, von jemandem mit Macht –, zieht sich in den Alltag von uns allen. Es wirkt wie eine Erlaubnis für andere, dasselbe zu tun. Respektlosigkeit lädt zu Respektlosigkeit ein, Gewalt erzeugt Gewalt. Und wenn die Mächtigen ihre Position benutzen, um andere zu tyrannisieren, dann verlieren wir alle.