Martin Reeh über den Anti-NATO-Kurs der Linkspartei: Populistische Pragmatiker
Ralf Christoffers, der Linken-Fraktionschef im Potsdamer Landtag, ist ein unauffälliger Mann. So wie auch seine Partei in der rot-roten Koalition nicht besonders auffällt. Sie macht alles, was SPD und CDU ebenso könnten: Investoren locken, Vattenfall hofieren, Landkreise zusammenlegen. Nicht einmal in der Skandaldichte unterscheidet sich die Linke.
Nur in der Außenpolitik ist sie anders. Als kürzlich gegen die Bombardierung Aleppos durch russische Flugzeuge demonstriert wurde, blieb die Linkspartei ebenso zu Hause wie 2014, als Russland die Krim besetzte. Jetzt, wo die USA Panzer ins Baltikum transportieren, protestiert sie – ebenso wie die AfD. „Niemand wird verhindern können, dass populistische Parteien sich auf Themen draufsetzen“, antwortete Christoffers auf Kritik an der Einigkeit mit der AfD.
Christoffers hat recht. Diesmal haben sich gleich zwei populistische Parteien auf das Thema gesetzt: die AfD und die Linkspartei. Populismus bedeutet, eindeutige Feindbilder zu propagieren und die Zwischentöne wegzulassen. „Weiter geht es mit dem Nato-Säbelrasseln vor der russischen Grenze“, verkündet Sahra Wagenknecht auf Facebook. Von den russischen Soldaten in der Ostukraine schreibt sie nichts. Ihre Brandenburger Genossen behaupten – etwas zurückhaltender –, „Panzer schaffen keinen Frieden – nirgends“. Als hätte nicht gerade die Linke gefeiert, dass russische T34 den Frieden gegen Nazi-Deutschland gebracht haben.
Es ist falsch, den putinfreundlichen Kurs der Linkspartei allein Wagenknecht und dem linken Flügel zuzuschreiben. Die jetzigen Proteste zeigen: Die Ostpragmatiker tragen ihn mit. Es wäre mal eine interessante sozialpsychologische Untersuchung, ob es sich dabei auch um eine Kompensation für den hyperpragmatischen Kurs in der Landespolitik handelt.
Sicher ist nur: Rot-Rot-Grün wird so niemals kommen. Eher gehen AfD und Linkspartei in der Außenpolitik zusammen als Grüne und Linkspartei.
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