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Nachgeschaut, was die anderen so tun

Überwachung I Hier wird das, was mal ganz im Geheimen passieren sollte, ans Licht der Öffentlichkeit gebracht: Im Deutschen Spionagemuseum geht es um den Kalten Krieg, James Bond und recht gegenwärtige Bedrohung

von Annika Glunz

Schon mal auf dem Friedhof oder im Park darüber nachgedacht, was für seltsame Wege eigentlich der Gärtner dort mit seiner Gießkanne nimmt? Sich über das zuweilen untypische Verhalten einiger Bienen gewundert oder darüber, dass die Frau nebenan auf der Bank seit einer Stunde ihre Thermos­kanne unverändert im exakt gleichen Winkel hält?

Wem solche Gedankengänge bekannt vorkommen, dem sei gesagt: Sie sind nicht unberechtigt und auch nicht unbedingt paranoid. Sowohl diverse Haushaltsgegenstände als auch Tiere zählten vor allem während der Zeit des Kalten Krieges zum festen Repertoire an Spionagemitteln, auf östlicher wie auf westlicher Seite. Die massenhaften Spionageaktionen während des Kalten Krieges mögen ein ­Extrem markieren, fügen sich aber in eine bereits seit Urzeiten andauernde Geschichte: ­Spionage hat es schon immer gegeben.

Franz-Michael Günther, Kurator des Deutschen Spionagemuseums, hat sich dieser Geschichte angenommen und sie am Leipziger Platz, genau auf dem ehemaligen Grenzstreifen gelegen, auf über 3.000 Quadratmeter Fläche ausgestellt. Seit 2015 gibt es dort das privat geführte Spy Museum Berlin, 2016 wurde es, nachdem die erste Betreiberfirma Insolvenz anmelden musste, mit einem neuen Betreiber als Deutsches Spionagemuseum neu eröffnet. Es ist das einzige Museum seiner Art in Deutschland.

Gestatten, auch Bond

Neben zahlreichen Originalexponaten gibt es in der Ausstellung verschiedene Zeitzeugen- und Expertenberichte zu hören und diverse Gelegenheiten, selbst aktiv zu werden – und zwar auf höchstem technischen Niveau: Das Museum verfügt über 200 verschiedene Multimedia-Installationen. Nicht zu vergessen, ein populäres Highlight: Ein Teil des Museums ist allein James Bond gewidmet – mit diversen Filmrequisiten und auch Filmsequenzen ein Eldorado für Fans. Kleine Information am Rande: Bond-Erfinder Ian Fleming war im Zweiten Weltkrieg selbst Mitarbeiter des britischen Geheimdienstes der Royal Navy.

Eine Ausstellungsfläche dieser Größe bietet neben ausreichendem Platz für neueste Technik wie beispielsweise einem Laser-Parcours auch Raum für inhaltlichen Tiefgang. BesucherInnen können sich detailliert mit verschiedenen Chiffrier- und Kodierungsmechanismen auseinandersetzen, von Kryptologie über Morsetechnik bis hin zur (vor Ort im Original vorhandenen) Enigma-Maschine, die vom deutschen Militär zur Verschlüsselung von Nachrichten eingesetzt wurde. Auch gegenwärtige Internetspionage wird thematisiert, und man kann sich im Hacken von Passwörtern erproben.

Ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf der Darstellung der parallelen Entwicklung der Geheimdienste von Ost und West seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Auf eindringliche Art und Weise werden einem hier die Dimensionen gewahr, in denen vor allem während der Zeit des Kalten Krieges spioniert wurde: Selbst Körpergerüche, die sogenannten olfaktorischen Fingerabdrücke, wurden derart akribisch gesammelt, dass die fein säuberlich geordneten und in Reagenzgläsern aufbewahrten Gerüche ganze Räume füllten.

Etliche weitere Exponate illustrieren den Arbeitsalltag der Agenten während dieser Zeit: Neben den eingangs genannten Beispielen wie den Gärtner mit seiner Gießkanne gab es auch diverse Spezialwaffen, versteckt in Lippenstiften oder Regenschirmen. Kameras fanden sich auch in Walnüssen. Selbst Katzen blieb die Implantation von Mikrofonen nicht erspart.

Ebenfalls sehr ausführlich und mit vielen lokalen Bezügen wird die Stadt Berlin als „Hauptstadt der Spione“ geschildert: Aufgrund der geografischen Lage und natürlich der besonderen politischen Situation in der Stadt kam Berlin im Konflikt zwischen Ost und West eine zentrale Rolle für Agententätigkeiten und insbesondere für deren Austausch zu.

Hallo Paranoia: Schon mal darüber nachgedacht, dass die Frau nebenan auf der Bank seit einer Stunde ihre Thermoskanne unverändert im exakt gleichen Winkel hält?

Zeitgemäße Überwachung

Neben der detailreichen Schilderung der Geschichte der Spionage geht im Museum auch der Blick in die Gegenwart mit ihrer Internet-Spionage, mit den Drohnen und Cyberangriffen – mit dem Hinweis darauf, dass die Auswirkungen, die Letztere auf die globale Wirtschaft haben können, doch vielfach unterschätzt würden.

Auch der internationale Terrorismus wird thematisiert und dessen Abwehr sowie die Debatte, die sich zwischen der Forderung nach einer verstärkten Überwachung und dem Beharren auf individuellen Freiheitsrechten und dem Schutz der Privatsphäre auftut.

Antworten darauf finden sich hierbei nicht – nur ein mulmiges Gefühl, das einen ob der Abstraktheit und Nichtgreifbarkeit des Internets und dessen Überwachungsmethoden beschleicht.

Deutsches Spionagemuseum, Leipziger Platz 9, täglich von 10 bis 20 Uhr, 12/8 Euro

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