: Beauftragter übt Kritik
BreitscheidplatzOpfer würden nicht wissen, wer ihnen nach Anschlag helfen kann
Nach dem Terroranschlag vom Breitscheidplatz fühlen sich viele Verletzte und Hinterbliebene nach Angaben des Berliner Opferbeauftragten Roland Weber ziemlich hilflos: „Sie wissen nicht, wo und wie sie welche Hilfe in Anspruch nehmen können.“ In einem der zahlreichen Gespräche mit Betroffenen habe ihm ein Mann gesagt, dass er keine Kraft habe, sich um irgendetwas zu kümmern. Die schrecklichen Bilder würden ihn rund um die Uhr verfolgen. Er habe neben zwei Toten gelegen und wegen seiner Verletzungen nicht aufstehen können.
Bei dem Anschlag am 19. Dezember war ein Terrorist mit einem gekaperten Sattelschlepper in den Markt gerast. Den Lkw-Fahrer erschoss er. Elf Weihnachtsmarktbesucher starben, mehr als 55 Menschen wurden verletzt. Nach jüngsten Angaben der Senatsverwaltung liegen noch 20 Betroffene in Kliniken. Der mutmaßliche Attentäter Anis Amri wurde später in Italien von Polizisten erschossen.
Einzigartiger Beauftragter
Berlin ist das einzige Bundesland mit einem Ansprechpartner für Belange von Opfern. Es gebe zahlreiche und gute Angebote, sagte Weber. Das Problem sei aber, dass Hilfsorganisationen darauf warten müssten, dass sich Betroffene selbst melden. „Denen fehlen aber die Kenntnisse oder die Kraft.“ Weber bemängelte, dass die Opferhilfe in Deutschland nur auf diese Weise zustande kommt. „Das läuft beispielsweise in den Niederlanden oder Taiwan viel besser“, sagte er. Dort werde aktiv auf die Opfer zugegangen, es werde ihnen Hilfe angeboten: „Ich bin davon überzeugt, dass genau das jetzt die beste Ersthilfe nach den Ärzten ist.“
Ein zentraler Ansprechpartner – ein kleines professionelles Team – auf Landes- oder Bundesebene sollte die Menschen in den Krankenhäusern besuchen und die anderen zu Hause anschreiben oder besuchen. Dabei könnte individuell geklärt werden, was jeweils nötig ist. „Nicht jeder braucht einen Traumatherapeuten, nicht jeder Bestattungshilfe.“
Zudem ist laut Berliner Zeitung wegen einer gesetzlichen Lücke derzeit unklar, von wem und in welcher Höhe Verletzte und Angehörige von Hinterbliebenen Entschädigung bekommen. (dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen