Bundestag bald ohne Beck

Grüne Mit seinem Outing als „Nervensäge“ wollte Volker Beck auf dem Landesparteitag der nordrhein-westfälischen Grünen punkten. Doch die Rechnung ging nicht auf

Bei der Listenaufstellung deutlich gescheitert: Volker Beck Foto: Roland Weihrauch/dpa

von Bettina Grönewold
und Teresa Dapp​

OBERHAUSEN/BERLIN dpa | Nach gut zwei Jahrzehnten endet im nächsten Jahr die Bundestagskarriere des streitbaren Grünen-Politikers Volker Beck – und zwar mit einem Paukenschlag von der Parteibasis. Eigentlich wollte der 55-Jährige 2017 für weitere vier Jahre in die Verlängerung. Doch da spielte sein Landesverband nicht mit: In einer Kampfkandidatur gegen den Grünen-Agrarpolitiker Friedrich Ostendorff stattete die Basis Becks Herausforderer am Wochenende beim Landesparteitag in Oberhausen mit fast dreimal so vielen Stimmen aus.

Beim Ringen um Platz 12 – und damit einen der letzten aussichtsreichen Plätze auf der NRW-Landesliste – hatte Beck am Freitagabend erfolglos auf Vorwärtsverteidigung gesetzt. „Ihr wisst, ich bin manchmal eine Nervensäge, aber ich brenne für die Sache, und ich gehe auch dahin, wo es wehtut“, sagte er in seiner Kandidatenrede. „Ich möchte mit meiner Hartnäckigkeit und Ungeduld, aber auch mit meinen Fehlern um euer Vertrauen bitten.“ Doch davon hatte der streitbare Kölner offensichtlich schon zu viel verspielt.

Seine Angreifbarkeit in der Aufarbeitung der Pädophilie-Debatte aus den frühen Jahren der Grünen hat viele in der Partei verärgert. Dann kam noch ein Drogenfund im März hinzu. Klare Distanzierungen, Entschuldigungen und wegen „geringer Schuld“ beendete Verfahren konnten die Negativschlagzeilen nicht vergessen machen.

Vor vier Jahren noch auf Listenplatz 2, war er diesmal selbst für seinen eigenen Kölner Kreisverband nur noch zweite Wahl. Der unterstützte vielmehr die Spitzenkandidatur des jungen Landesparteichefs Sven Lehmann. Der 37-jährige Kölner landete am Ende zwar auch nicht auf dem erwünschten Platz 2, immerhin aber auf 4.

Dabei gibt es durchaus einflussreiche gesellschaftliche Kräfte, die große Stücke auf Beck halten. Schon im Frühjahr hatten prominente Unterstützer an die Partei appelliert, ihn wieder für den Bundestag zu nominieren. Dazu zählten etwa Gewerkschaftschef Frank Bsirske, der Schriftsteller Günter Wallraff und der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster.

Inhaltlich findet Beck mit seinem Eintreten für BürgerInnenrechte auch innerhalb der Grünen nach wie vor große Unterstützung. Trotzdem verdreht der eine oder andere schon mal die Augen, wenn er auf Beck angesprochen wird, und murmelt etwas von „Moralkeule“.

„Ich brenne für die Sache und gehe auch dahin, wo es wehtut“

Volker Beck

Auch mit seinen offenen Auseinandersetzungen mit den Realos der Partei hat Beck sich nicht überall Freunde gemacht. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann mahnte jüngst auf dem Parteitag in Münster, es mit der „Political Correctness“ nicht zu übertreiben.

Klein beigeben will das politische Aushängeschild der deutschen Homosexuellen- und Queer-Bewegung aber nicht: „Die AfD hat gestern Abend gepostet ‚Volker Beck ist weg‘ “, berichtete Beck den Delegierten am Samstag. „Den Gefallen werde ich ihnen nicht tun – niemals. Darauf können sie sich verlassen.“

Einen Tag nach der Klatsche gab es zum Abschluss der Listenwahlen immerhin eine versöhnliche Geste. Die Delegierten spendeten dem bald zwangsweise scheidenden Abgeordneten stehenden Applaus. „Die Grünen NRW sind dir zu großem Dank verpflichtet“, lobte Landesparteichef Lehmann. „Für dein Eintreten für gleiche Rechte für alle Menschen und für deinen Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und jede Art von Menschenfeindlichkeit.“