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Treffen der Veteranen

Postpunk Für ihre Kompromisslosigkeit hat The Pop Group berühmte Fans. Die wiedervereinigte Band spielte in der Volksbühne. Kein Spaß beim Leben im Falschen

Mark Stewart hatte dem Anlass entsprechend genügend schlechte Laune mitgebracht Foto: Wolfgang Borrs

von Andreas Hartmann

Es hätte ja auch funktionieren können: Wiedervereinigte Postpunkband kommt nach Berlin und sogar in die hippe Volksbühne und alle rennen hin, weil das der Event des Monats ist. Aber die Besucherzahl beim Konzert von The Pop Group sprach dann doch ein klares Urteil: So richtig in der Gegenwart angekommen ist die Band nicht.

Nick Cave und wie die prominenten Fans der Band alle heißen, können noch so oft betonen, wie wichtig ihnen die Kompromisslosigkeit und Dringlichkeit von The Pop Group war. In den entscheidenden Jahren des Postpunk, 1979 und ein Jahr später, hatten sie gerade mal zwei Platten veröffentlicht. Dann verschwanden sie einfach, tauchten gut dreißig Jahre später wieder auf und bringen nun einfach weiter Platten heraus. Und in vielen Das-war-Postpunk-Artikeln wurden sie immer wieder besungen.

Träume von Revolution

Doch das Konzert der Band in der Volksbühne war eben doch ein Veteranentreffen vor insgesamt erschütternd wenigen Grauhaarigen, Haarlosen und ein paar Frauen. Eine Revolution, von der Sänger Mark Stewart immer noch träumt, konnte man so nicht auslösen. Die Agitation der Massen funktionierte schon mal nicht.

Prinzipiell knüpfen The Pop Group seit ihrer Wiedervereinigung vor ein paar Jahren da an, wo sie vor gut 35 Jahren aufgehört haben. Sogar ihren alten Produzenten Dennis Bovell, ein Dub-Spezialist, der schon damals den Flirt zwischen Punk und Reggae in seinen Produktionen für The Slits und eben The Pop Group auf ein neues Level hievte, haben sie wieder mit an Bord. Der produzierte nicht nur die aktuelle Platte von Mark Stewarts Truppe, sondern sorgte auch für deren federnden, angedubten Sound, in der Volksbühne.

Auch nach seinen frühen Jahren mit The Pop Group blieb Mark Stewart vor allem in den Achtzigern und Neunzigern weiter auf Krawall gebürstet. In einem Strauß von Soloplatten für das einflussreiche englische Dubpunk-Label On-U clashte er Dub, Funk, Rock, Industrial und irgendwann sogar Ansätze von HipHop, um die Explosivität seiner Musik möglichst hoch zu halten, keifte in seinen Texten gegen den Kapitalismus, Ausbeutungsverhältnisse und alles, was ihm sonst so nicht passte.

Er machte klar, dass man mit den Jahren nicht zwangsläufig altersmilde werden muss. Der ewig wütende Mark Stewart gab sich dementsprechend auch in der Volksbühne immer noch angemessen schroff und unversöhnlich. Die Welt von heute scheint ja auch kein Stück besser zu sein als die, gegen die er früher ankämpfte.

Der ewig wütende Mark Stewart machte klar, dass man mit den Jahren nicht zwangsläufig altersmilde werden muss

Trotz seiner inzwischen recht massigen Statur stapfte er dauernd auf der Bühne hin und her, bellte seine Songtexte ins Mikro und gab den Bandkommandeur, vielleicht aber auch nur den Clown, indem er immer wieder die splitternden Gitarren, das gelegentliche Saxofongeplärre und die Groovemaschine von Schlagzeug und Bass mit seinen Soli auf der Trillerpfeife zersetzte.

Inwieweit das alles nun ein echtes Spektakel war oder am Ende dann doch nur die passenderweise auf einer Theaterbühne vollzogene Inszenierung eines Spektakels war, wurde nie ganz klar während des Konzerts. Eine Zeit lang flimmerten im Bühnenhintergrund Agit-Prop-Visuals, Bilder von prügelnden Cops und brennenden Barrikaden, die vor Jahrzehnten vielleicht mal eine gewisse Wirkungsmacht besaßen. Heute wirken solche Bildercollagen eher wie Linkskitsch, den man mindestens einmal zu oft gesehen hat.

Man kann nicht sagen, dass die Band sich nicht bemüht hätte und auch Mark Stewart hatte dem Anlass entsprechend genügend schlechte Laune mitgebracht und tat nicht plötzlich so, als hätte er auch manchmal Spaß in seinem Leben im Falschen, was man auch wirklich für unangemessen gehalten hätte. Einen Moment lang lächelnd oder auch nur nicht griesgrämig dreinschauend, hat ihn jedenfalls niemand gesehen bei seinem Auftritt in Berlin.

Nur: Überwältigt, geprügelt, aufgeweckt, das alles wurde man bei diesem Konzert von The Pop Group einfach auch nicht. ­Obwohl man ja ständig spürte, dass es unbedingt der Anspruch der Band war, genau dies beim Publikum zu erreichen. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass man Veteranen nur noch schwer wirklich überwältigen, prügeln und aufwecken kann.

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