: Kosmopolitische Küchenrunden
Kochkurse Ob blutige Anfänger oder ambitionierte Künstler: Wer sein Handwerk am Herd verfeinern will, findet in Berlin viele Mitstreiter und interessante Lehrer. Das Spektrum reicht von britischen Weihnachtsmenüs bis zu Backrezepten aus Aleppo
von Volker Engels
Klar, Kochbücher können den kulinarischen Horizont erweitern. Aber es geht auch anders, jenseits vom einsamen Rezeptstudium in der eigenen Küche. Neugierige Entdecker sollten zum Beispiel mal einen Blick in die Jahresprogramme der Berliner Volkshochschulen (VHS) werfen. Ob vegan oder fleischig-deftig: Zu bezahlbaren Preisen vermitteln VHS-Kochkurse das entscheidende Know-how, um vor dem Gaumen der Gäste nicht nur am Weihnachtsabend zu bestehen. Die Angebote sind vergleichsweise preiswert (Bedürftige erhalten einen Nachlass) und sind für die meisten Berliner ganz in der Nähe zu finden.
Vielleicht liegt es an der Sozialstruktur des Bezirks Neukölln, dass es dort in manchem Kurs nicht nur ums Kochen geht, sondern auch darum, leckere und frische Speisen kostengünstig auf den Tisch zu bringen. Veranstaltungen wie „Preiswert geht auch lecker“ zeugen davon, dass sich auch mit kleinen Budgets frische und leckere Speisen zubereiten lassen.
In den Kochkursen, die der gebürtige Ire Cormac O’Neill in Neukölln anbietet, lernen die Teilnehmenden die britische Küche kennen. Nicht nur Lust am Kochen, sondern auch Fremdsprachenkenntnisse sollten Interessierte schon mitbringen: Bei einigen seiner Kurse ist die Unterrichtssprache ist nämlich Englisch.
„Viele wollen ihre Sprachkenntnisse verbessern und dabei die britische Küche kennenlernen“, sagt der Koch und Sprachlehrer. Für alle, die den Mut aufbringen, ihren Gästen an den Weihnachtsfeiertagen ein britisches Menü zu kredenzen, stehen im Dezember die „Weihnachtsmenüs der britischen Inseln“ auf dem Programm. Gemeinsam wird eine traditionelle Vor- und Nachspeise zubereitet, den Truthahn begleitet unter anderem eine Brotsauce.
„Einen großen Einfluss“, so O’Neill, „haben die Rezepte meiner Großmutter.“ Das Fleisch, das er verarbeitet, bezieht er aus einer kleinen Neuköllner Metzgerei, mit der er schon länger „partnerschaftlich zusammenarbeitet“. Auch wem im neuen Jahr eher der Sinn nach leichterer Suppenküche steht, steht bei ihm am richtigen Herd. Gemeinsam mit Teilnehmern bereitet der Küchenchef Brot und Suppen aus aller Welt zu. Neben peruanischer Hühnersuppe stehen unter anderem indonesische Laksa und irische Coddle auf dem Speisenplan. „Dazu backen wir ein frisches Sodabrot, mit dem sich die Suppen herrlich aufsaugen lassen.“
„Viele Kochkurse sind schnell ausgebucht“, erzählt Klaus Dieter Ryrko, Programmbereichsleiter der VHS Neukölln. Deren Veranstaltungen finden seit Januar in einer gut ausgestatteten Lehrküche in der Karlsgartenstraße statt, die direkt am Volkspark Hasenheide liegt. Viele Teilnehmende seien nicht auf der Suche nach aufwändigen Basiskursen, in denen die Grundlagen des Kochens vermittelt werden, sagt Ryrko. „Sie kommen, weil sie den Event-Charakter schätzen.“ Wahrscheinlich reizen aber auch die ungewöhnlichen Themen, denen sich die Dozenten in der Küche widmen: Wer sich für „Aphrodisierendes aus der Küche“ interessiert, kann zum Beispiel im Februar einen dreistündigen Kurs belegen, der aus sinnlichen Gewürzen und Getränken ein „Menü der Sinne“ kreieren will.
Im Angebot der VHS Tempelhof-Schöneberg wiederum hat die französische Küche einen festen Platz auf dem Stundenplan. Neben Angeboten für Vegetarier, die sich für provencalisches Ofengemüse mit Kartoffelgratin oder Gemüse-Knoblauch-Törtchen interessieren, gibt es Einblicke in die Küche des Elsass. Unter fachkundiger Anleitung von Michael Adrians lernen die Teilnehmenden, wie man Coq au vin mit mildem Rieslingkraut und Kartoffel-Trüffel-Schnee zubereitet: „Kochen hat für mich etwas mit Leidenschaft und Kunst zu tun – und auch das möchte ich in den Kursen vermitteln“, sagt der gelernte Koch, der in zahlreichen Berliner Volkshochschulen Kochkurse anbietet. „Es geht mir aber auch darum, dass die Teilnehmenden die französischen Gerichte, die wir in der Lehrküche zubereiten, zu Hause nachkochen können.“
Ob syrisch backen oder afghanisch kochen: das Angebot von „Über den Tellerrand kochen“ ist vielfältig: Geflüchtete Menschen vermitteln ihr Wissen über die heimische Küche, bringen aber auch die Geschichten ihrer Flucht und ihrer Kultur mit. „Wer gemeinsam kocht und isst, kommt automatisch miteinander ins Gespräch und lernt voneinander“, sagt Geschäftsführerin Vera Koppenhöfer. Anfang Dezember führt zum Beispiel der Koch und Bäcker Basil aus Aleppo in die Kunst des syrischen Backens ein, zwei Wochen später zeigt Farzaneh aus Afghanistan, wie man ihr Lieblingsmenü aus drei oder vier Gerichten zubereitet. Die Erlöse aus den Kochkursen, die auch als Firmenevent gebucht werden können, fließen in Begegnungsprojekte. Auch im neuen Jahr, sagt Vera Koppenhöfer, „werden wir versuchen, alle 14 Tage einen Kurs auf die Beine zu stellen“.
www.berlin.de/vhs-neukoelln/kurse
www.berlin.de/vhs-tempelhof-schoeneberg
www.ueberdentellerrand.org
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