piwik no script img

Hoffnung, Verzweiflung Unsicherheit, Trotz

Cop22 Die UN-Klimakonferenz in Marrakesch ist zu Ende. Trump überschattete alles – die Arbeiten an den Details gehen weiter

Aus Marrakesch Bernhard Pötter

Folgt man Barbara Hendricks, dann wird ab heute klimapolitisch malocht. „Ab Montag beginnt die Arbeit für die Umsetzung der Beschlüsse“, sagte die Bundesumweltministerin am Samstagmorgen nach dem Finale der COP22 im marokkanischen Marrakesch.

Es war das Ende einer Klimakonferenz, die überall die angebliche Geschlossenheit der Staaten zur Schau gestellt hatte. Die Debatte über die Zukunft der Klimapolitik unter dem neu gewählten US-Präsidenten Donald Trump überschattete viele offizielle und fast alle inoffiziellen Gespräche der COP. Sogar in der abschließenden rein formellen „Marrakesch-Proklamation“ wurde der erste Satz („Nichts kann den Klimawandel stoppen“) so interpretiert, als sei er direkt an Trump gerichtet. Das allerdings dementierte der marokkanische Außenminister.

Noch nie ist eine langweilige Klimakonferenz in kurzer Zeit derart von Hoffnung, Verzweiflung, Unsicherheit und Trotz bestimmt worden wie die 22. in Marokko. Im Vorfeld und am Beginn hatten die etwa 15.000 Delegierten gefeiert, dass das Pariser Abkommen zum Klimaschutz kurz vor der Konferenz noch in Kraft getreten war. Dann folgte am dritten Tag des Treffens der Trump-Schock: Der künftige US-Präsident hatte angekündigt, aus dem Pariser Abkommen auszusteigen, die Details seiner Klimapolitik sind unklar.

Wo immer es ging, machte sich die Konferenz selbst Mut. Der US-Verhandler Jonathan Pershing, der sich nun einen neuen Job suchen muss, beteuerte, die US-Energiewende sei in der Wirtschaft angekommen und nicht zu stoppen – ein Thema, das von Konferenzpräsident Mezouar, dem chinesischen Delegationsleiter bis zu Hendricks fast alle variierten: Der Klimaschutz ist stark genug, auch einen Rückzieher der USA zu verschmerzen. John Kerry, scheidender US-Außenminister, rief Trump auf, sich bei einem Besuch der Antarktis ein eigenes Bild vom Klimawandel zu machen.

So viel Drama war für die Konferenz nicht vorgesehen. Die Delegationen aus knapp 200 Ländern sollten Details aus dem Pariser Abkommen klären. Etwa die Frage nach einem „Regelbuch“, das bis 2018 klären soll, wie die Klimapläne der Länder vergleichbar gemacht werden können, wie die versprochenen Hilfsgelder von 100 Milliarden Dollar jährlich ab 2020 verrechnet werden sollen oder wann und wie die Pläne überprüft werden. Viele dieser technischen Fragen wurden geräuschlos behandelt oder vertagt auf die nächste Konferenz, die im November 2017 in Bonn stattfinden wird.

Wo immer es ging, machte sich die Konferenz selbst Mut

In Marrakesch standen zudem neue Initiativen auf der Tagesordnung. Es gab mehr Geld für die Anpassung an den Klimawandel, die aber dennoch nur zu einem Bruchteil des Nötigen finanziert ist. Für klimafeste Landwirtschaft, Dämme gegen Fluten oder bessere Wettervorhersagen soll es etwa 20 Milliarden Dollar ab 2020 geben – gebraucht werden im Jahr 2050 wohl nach UN-Schätzungen Summen zwischen 200 und 500 Milliarden. Zum ersten Mal legten auch Bundesstaaten, Städte und Unternehmen Pläne für eine CO2-arme Zukunft vor. Deutschland schob eine neue „NDC-Partnerschaft“ an, in der sich über 40 Länder und Institutionen gegenseitig helfen, Klimapläne aufzustellen und umzusetzen.

Die armen Länder setzten ein deutliches Signal: Im „Forum der verwundbaren Länder“ erklärten 47 Staaten wie Äthiopien, die Philippinen oder Kiribati, sie würden schnell eigene Klimapläne aufstellen und „spätestens zwischen 2030 und 2050“ ihre Energieversorgung komplett auf Erneuerbare umstellen. Dieser „Kohleausstieg“ der Armen sollte den Druck auf die reichen Länder erhöhen, ebenfalls schnell ihre Energieversorgung umzubauen. Wie dringend nötig das ist, hatte die Konferenz mit neuen Daten belegt. Demnach müssten die OECD-Länder bis 2030 aus der Kohle aussteigen, China bis 2040 und Indien bis 2050, wenn der Klimawandel unter 2 Grad Celsius gehalten werden soll.

Meinung + Diskussion

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen