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Nagelprobe für die künftige Koalition

FINANZEN Weg mit der schwarzen Null: Außerparlamentarische Initiativen protestieren zu Beginn der entscheidenden Koalitionsrunde gegen mögliche Einsparungen bei der sozialen Infrastruktur

von Malene Gürgen

Finanzierungsvorbehalt, das ist der Begriff, der alle bisherigen Runden der laufenden Koalitionsverhandlungen verbindet. Ob Investitionen in den Radverkehr, Ausbau des Stadtwerks oder Stärkung der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften: Über allem, was bisher an langen Tischen im Roten Rathaus beschlossen wurde, schwebt wie ein Damoklesschwert die Finanzierungsfrage. Rund 3 Milliarden Euro würden die bisher angemeldeten Vorhaben kosten, errechnete die Berliner Morgenpost. Der finanzielle Spielraum aber betrage „deutlich weniger als 800 Millionen jährlich“, sagte Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen kürzlich.

Die am Donnerstag beginnenden Finanzverhandlungen werden damit zur Nagelprobe für die neue Koalition. Denn wenn die drei Parteien auch nur einen Teil ihrer Wahlversprechen wahrmachen wollen, muss dieser Spielraum erhöht werden. Dem entgegen steht die politische Maxime, dass Berlin sich nicht neu verschulden darf – zwar gilt die bundesweite Schuldenbremse erst ab 2020, doch schon jetzt ist die schwarze Null das erklärte Ziel Berliner Haushaltspolitik.

Die Initiativen, die am Donnerstag vor dem Roten Rathaus protestieren, sehen genau darin das Problem. Sie bringen eine aus Pappkartons zusammengebaute schwarze Null zu Fall – die Sparpolitik sei eine Gefahr für die soziale Infrastruktur in der Stadt, sagen sie. Und: Verantwortlich für die Berliner Schulden seien nicht zu hohe Sozialausgaben, sondern die Bankenkrise sowie die „Unsummen, die in zweifelhaften Großprojekten verbrannt werden“.

Die MieterInneninitiative Kotti&Co ist dabei, das Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus, Beschäftigte vom Botanischen Garten und der Berliner Energietisch. Sie alle fürchten ein nicht unrealistisches Szenario: dass der Rotstift vor allem bei den wenig prestigeträchtigen Projekten angesetzt wird und die schwarze Null auf Kosten von bezahlbaren Mieten, kommunaler Energieversorgung oder einer verbesserten Gesundheitsvorsorge von Flüchtlingen gehen wird.

Gerade bei dieser Regierung sei außerparlamentarischer Druck besonders wichtig, sagt Hendrik Sander, Sprecher des Aktionsbündnisses „Weg mit der schwarzen Null“: „Es gibt im Abgeordnetenhaus jetzt keine linke Opposition mehr – wenn wir nicht wollen, dass die Regierung ihre Wahlversprechen verletzt, müssen wir selbst Druck aufbauen“, sagt er.

Eine Frage der Prioritäten

Das Bündnis argumentiert dabei auf mehreren Ebenen gleichzeitig: Zum einen müsse Berlin finanzielle Spielräume ausschöpfen, solange es noch geht, statt in vorauseilendem Gehorsam die Schuldenbremse bereits jetzt zu installieren. Zum anderen ergebe die schwarze Null nicht in allen Bereichen Sinn – „Krankenhäuser müssen sich nicht rechen“, sagt etwa eine Vertreterin vom Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus. Und noch dazu sei Finanzpolitik eine Frage der Prioritäten: „Milliarden in den Flughafen BER zu stecken und dann zu sagen, für den Erhalt und Ausbau sozialer Infrastruktur sei kein Geld da, ist Ausdruck einer menschenverachtenden Politik“, sagt Sander.

Wie viel Geld sie nun tatsächlich ausgeben wird, will die künftige Koalition am Freitag verkünden. Bis Ende nächster Woche soll dann entschieden sein, welche Vorhaben bleiben.

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