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Spürnase sucht Sporen

GesundheiT Wie lässt sich Schimmel schon bevor er überhaupt sichtbar wird, in der Wohnung ausfindig machen? Ein Pudel begibt sich auf die Suche

Mit ihrem feinen Riecher entdeckt die Pudeldame Java krankmachende Schimmelpilz-Sporen schon, bevor sie sichtbar werden. Mit der Nase voran geht sie durch den Raum, entdeckt sie etwas, wird das Atmen hektischer und sie hebt das Pfötchen. Java schaut zu ihrem Frauchen Undine Schellong und schabt an einer Stelle. Zu sehen ist hier noch nichts.

„Schimmel kann tief in der Wand stecken, selbst wenn man einen Schaden glaubt, behoben zu haben, heißt das nicht, dass nicht im Putz noch Sporen sitzen“, sagt Schellong. Java schlägt auf verschiedene Schimmelpilze an, in Europa gibt es etwa 200 verschiedene Arten. Gelernt hat sie das in einer eineinhalbjährigen Ausbildung. Am Ende bekam sie ein Zertifikat vom Bundesverband Schimmelpilzsanierung. Dies gilt immer nur für höchstens zwei Jahre, danach muss die Prüfung wiederholt werden.

Acht Hunde sind derzeit bundesweit vom Verband ausgezeichnet. Neben dem Training mit dem Pudel gehört auch Unterricht im Chemielabor für das Frauchen dazu.

„Es ging um das Zusammenwirken von Schimmel und Bakterien, Stoffwechselprodukte“, sagt Schellong. Zwar meldeten sich Allergiker bei ihr, aber viele Menschen kämen nicht auf die Idee, dass Schimmelbefall ihren Gesundheitszustand verschlechtern könne. Vor allem Menschen mit Immunschwäche, Aids oder Krebs sollten auf die krankmachenden Sporen achten und diese beseitigen. Schimmelpilze können Allergien auslösen, die sich ähnlich wie Heuschnupfen oder Asthma auswirken.

Derweil ist die Schimmelhündin fündig geworden. Doch nicht die Wand ist betroffen. Die Spürnase tippt gegen eine Schranktür –ein alter Schrank, das Holz ist befallen. „Bei alten Möbeln weiß man nicht, ob sie mal in einem nassen Raum standen oder an einer feuchten Wand“, sagt Schellong. Auch bei Wohnungen sei oft unklar, wer die Vormieter waren und ob es Wasserschäden gab. Putzen, überstreichen und so tun, als sei nichts gewesen, sei keine Seltenheit.

Sollte Schimmel zum Streit zwischen Vermieter und Mieter führen, landen die Fälle schnell vor Gericht. Das muss dann entscheiden: Haben Mieter nicht richtig gelüftet? Oder sind Baumaßnahmen der Grund? Für die Feststellung ist ein Sachverständiger zuständig. Maik Denecke von der Schimmelberatung Hannover sagt: „Ein Schimmelspürhund ist ein guter Zusatz, aber kein Ersatz für einen Sachverständigen.“ Im Falle von Unsicherheit etwa vor einem Hauskauf sei es aber ein erster Schritt, den Hund zu holen.

Mit dem Einsatz der Tiere kann die Entnahme von Proben begrenzt werden. Statt auf Verdacht zu bohren, zeigt der Spürhund an, ob überhaupt und wo die Wand geöffnet werden muss. Um Fehlanzeigen zu vermeiden, muss der Hundeführer sein Tier gut kennen. Für den Job als Schimmelkommissar sind laut Bundesverband Schimmelpilzsanierung nahezu alle Hunde geeignet. „Bei Flachnasen ist das Riechorgan allerdings nicht so gut ausgebildet“, erklärt Sprecherin Angela Berg. Zudem sei es von Vorteil, wenn das Tier eher ruhig und geduldig sei.

Grundsätzlich schnüffelt der Pudel in jeder Wohnung, aber auch in Betrieben. Java ist klein, so erreicht sie auch Ecken und engste Dachböden. „In einen verschimmelten Keller oder einen vollgerümpelten Haushalt würde ich sie nie lassen“, sagt Schellong. Bevor Java loslegt, geht sie die Wohnung alleine ab –Steckdosen werden gesichert, Möbel gerückt, alles, was gefährlich sein könnte, wird zur Seite gestellt, der Boden gut gefegt. Das dauert eine bis zwei Stunden – je nach Größe der abzusuchenden Fläche. (dpa)

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